Grundsätzlich dürfen Videokameras nicht gegen den Willen der Mieter oder Miteigentümer eingerichtet werden, was etliche Gerichtsurteile untermauern. Darauf weist Rechtsanwalt Christoph Schöll, Landesvorsitzender des Eigentümerverbandes Haus & Grund Rheinland-Pfalz hin. Auch das Argument Präventivschutz und entsprechende Empfehlungen der Polizei ziehen in der Rechtsprechung nicht zwingend. So stellt laut Amtsgericht München zum Beispiel die Videoüberwachung durch eine im Hauseingangsinnenbereich angebrachte Kamera einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrecht des Mieters sowie in dessen Besitzrecht an der gemieteten Wohnung dar (AG München, Urteil v. 16.10.2009, 423 C 34037/08). „Und zwar“, wie Rechtsanwalt Ralf Schönfeld, Verbandsdirektor von Haus & Grund Rheinland-Pfalz, erläutert, „unabhängig davon, ob die Aufnahmen gespeichert werden oder nicht“.
Dies gilt laut Schönfeld im Übrigen auch für digitale Türspione. Beispiel: Ein Wohnungseigentümer hatte in einem Mehrfamilienhaus einen herkömmlichen Türspion an der Wohnungstür durch einen digitalen Türspion mit einer Kamera ersetzt, die den Hausflur erfasste. Das Landgericht Karlsruhe entschied jedoch, dass der digitale Türspion entfernt werden musste, da der klagende benachbarte Miteigentümer in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wurde (LG Karlsruhe, Urteil v. 17.5.2024, 11 S 162/23).
Einzelner Eigentümer setzt sich gegen Mehrheit durch
Selbst wenn es in einem Mehrfamilienhaus immer wieder zu Verstößen gegen die Hausordnung kommt und mehr als 90 Prozent der Eigentümer sich für eine Videoüberwachung aussprechen, hilft das nicht. In einem Fall vor dem Landgericht München klagte ein Bewohner gegen den Mehrheitsbeschluss und forderte die Beseitigung der Kameras. Er bekam Recht (LG München I, Hinweisbeschluss v. 07.06.2022, 14 S 2185/22).
Was für Gebäude gilt, muss auch bei der Überwachung von Grundstücken berücksichtigt werden. So kann ein Nachbar vom Eigentümer eines Mehrfamilienhauses selbst dann die Unterlassung der Überwachung seines Grundstücks verlangen, wenn es nur rein theoretisch möglich ist, dass sie das benachbarte Areal erfassen oder darauf geschwenkt werden kann. Vor dem Amtsgericht Gelnhausen erreichte der Kläger mit einer einstweiligen Verfügung, dass die Kamera so eingestellt werden muss, dass sein Grundstück nicht erfasst werden kann (AG Gelnhausen, Urteil v. 4.3.2024, 52 C 76/24).
Der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage darf grundsätzlich mit einer Videokamera überwacht werden, entschied der Bundesgerichtshof. Das ist allerdings an strenge Voraussetzungen geknüpft. Der Umfang der Überwachung muss nämlich auf das Notwendige beschränkt werden. Dabei spielen die Privatsphäre von Personen, datenschutzrechtliche Vorgaben sowie Grundrechte wie die informationelle Selbstbestimmung eine wichtige Rolle (BGH, Urteil v. 24.5.2013, V ZR 220/12). Einer pauschalen Überwachung des Eingangs durch Kameras machen Gerichte ebenso wie in Hausfluren, Gemeinschaftswaschküchen und Tiefgaragen regelmäßig einen Strich durch die Rechnung.
Selbst eine Kameraattrappe kann rechtswidrig sein
Selbst der Installation einer Kameraattrappe kann vor Gericht eine Absage erteilt werden. Darauf macht Haus & Grund-Landesvorsitzender Christoph Schöll aufmerksam. Nach Ansicht des Amtsgerichts Berlin-Lichtenberg stellt schon allein die damit verbundene Androhung der Überwachung der Mieter im Eingangsbereich eine Beeinträchtigung der allgemeinen Handlungsfreiheit dar (AG Lichtenberg, Beschluss v. 24.1.2008, 10 C 156/07).
Redaktion (allg.)
