IVV-Umfrage bei Wohnungsunternehmen

Vonovia ist kein Einzelfall

Wohnungsunternehmen sind besorgt: Neubau findet nach wie vor statt, aber deutlich abgespeckt.

LEG-Zentrale in Düsseldorf: Neubau-Investitionen werden bis 2025 nahezu auslaufen. Foto: LEG
LEG-Zentrale in Düsseldorf: Neubau-Investitionen werden bis 2025 nahezu auslaufen. Foto: LEG

Auch die LEG wird vorläufig keine Neubauprojekte mehr anstoßen

Mit der Nachricht, dass Vonovia wegen der Kostenexplosion und weil man nicht für 20 Euro pro Quadratmeter vermieten könne, sämtliche Neubauprojekte auf Eis legt, hat der größte deutsche Wohnungskonzern eine Welle der Verunsicherung ausgelöst. Wie steht es um die Branche? Wer baut jetzt noch und in welchem Umfang? Eine Umfrage der IVV ergab, dass Vonovia kein Einzelfall ist. Auch die Düsseldorfer LEG, mit 166.000 Wohnungen die deutsche Nummer zwei, wird vorläufig keine Neubauprojekte mehr anstoßen und die Investitionen bis 2025 auslaufen zu lassen.

„Baupartner können sich auf unsere Vertragstreue verlassen“

Vonovia wird den Bau von 1.500 Wohnungen auf Eis legen. Diese Zahl bezieht sich laut Matthias Wulff, Pressesprecher Ostdeutschland, auf alle drei unter einem Dach befindlichen Unternehmen Vonovia, Deutsche Wohnen und Buwog. Für alle drei gelte, dass die auf Eis gelegten Projekte weitergeplant werden und dass laufende Projekte zu Ende gebracht werden. Auch die LEG-Immobiliengruppe sichert zu, dass das Versprechen, im laufenden Jahr rund 500 Neubaueinheiten anzubieten, auch gehalten werde. Unsere Baupartner können sich auf die Einhaltung unserer Verträge und die Fertigstellung aller begonnenen Projekte verlassen,“ so Mischa Lenz, Pressesprecher der LEG-Immobiliengruppe.

Allerdings: Vor dem Hintergrund steigender Baukosten und -zinsen, unsicherer Förderbedingungen und steigender energetischer Anforderungen an Neubauten werde die LEG die Investitionen in den Neubau von 268 Millionen Euro im Jahr 2022 auf maximal 35 Millionen Euro in 2025 zurückschrauben. Denn: „Zum einen können wir mit den entsprechenden Ressourcen im Bereich Klimaschutz perspektivisch deutlich mehr erreichen, wenn wir diese in innovative Energiesparprojekte sowie serielle Sanierungsmaßnahmen investieren. Hierin hat uns auch unsere gemeinsame Studie mit dem Wuppertal-Institut aus dem Frühjahr 2022 bestärkt, die die ökologischen Vorteile energetischer Sanierung gegenüber dem Neubau belegt. Zum zweiten ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen ein Neubau für Menschen mit mittlerem und kleinem Einkommen nicht mehr darstellbar. Dadurch, dass wir uns ausschließlich auf das Segment `bezahlbares Wohnen´ konzentrieren, ist bei uns ist die Spreizung zwischen unserer Durchschnittsmiete rund 6,30 Euro und einer Neubaumiete von 18 bis 20 Euro sogar besonders groß und trifft damit in keiner Weise den Bedarf unserer Kunden“, so Unternehmenssprecher Lenz. „Ein sehr ärgerliches Hindernis in der aktuellen Neubauförderung ist, dass die Anforderungen an den energetischen Standard nochmals deutlich verschärft wurden, statt hier allein auf die CO2-Einsparung als richtiger Kenngröße abzustellen“.

VIVAWEST wird weiter bauen – aber weniger

Auch der Wohnungsbaukonzern VIVAWEST aus Nordrhein-Westfalen, mit rund 120.00 Wohnungen ebenfalls einer der großen Player, will weiter neu bauen, allerdings ebenfalls in wesentlich kleinerem Umfang. Bereits im Dezember 2022 kündigten Aufsichtsratsvorsitzende Bärbel Bergerhoff-Wodopia und Uwe Eichner, Vorsitzender der Geschäftsführung auf dem VIVAWEST-Abend an, das Unternehmen halte trotz schwieriger wirtschaftlicher und politischer Rahmenbedingungen an seinem nachhaltigen Geschäftsmodell fest und werde weiter in energetische Modernisierungen und den Neubau von Wohnungen investieren. „Auch wenn wir bei VIVAWEST den Preisdruck spüren, werden wir den Neubau nicht pausieren oder gar einstampfen, sondern weitermachen – sicherlich nicht in dem Umfang, wie wir es noch im Frühjahr gedacht haben, aber in einer Größenordnung, mit der wir einen Beitrag sowohl zum Klimaschutz als auch für bezahlbaren Wohnraum leisten können“, sagte Bärbel Bergerhoff-Wodopia, Aufsichtsratsvorsitzende von VIVAWEST.

GAG Köln hält noch an Investitionsentscheidungen fest

Die GAG Köln, kommunales Unternehmen, das zu 80 Prozent in städtischer Hand und und in den Händen von 800 Aktionären liegt, hat derzeit keine Pläne, bereits projektierte Bauvorhaben auf Eis zu legen. „Es ist unbenommen eine schwierige Situation, und wir mögen auch nicht in die Glaskugel schauen und sagen, dass alles so weiter laufen wird wie bisher, wenn die Kosten ins Uferlose steigen“, sagt GAG-Kommunikationschef Jörg Fleischer. Das Unternehmen, das 43.700 Wohneinheiten in Köln unterhält, steht angesichts der Aufgabe, bezahlbaren Wohnraum in der Großstadt Köln zu schaffen und gleichzeitig die Herausforderungen der Energiewende zu meistern, natürlich unter Druck. Dennoch gebe es bislang keine Tendenz, von Investitionsentscheidungen Abstand zu nehmen, so Fleischer.

Kommunale Unternehmen müssen weiterhin Daseinsvorsorge betreiben

Auch andere kommunale Unternehmen haben ihre Volumina gestreckt und „machen im Moment nur das, was bereits sozusagen vor der Tür steht“, wie es der Pressesprecher der wbg Nürnberg GmbH Immobilienunternehmen, Dieter Barth, formulierte. Barth wies darauf hin, dass die Situation anders sei als bei Unternehmen wie Vonovia, bei denen es ausschließlich darum gehe, dass der Profit für die Stakeholder stimmt.

Als kommunales Unternehmen habe die wbg den Auftrag, Daseinsfürsorge zu leisten. Barth machte aber keinen Hehl daraus, dass angesichts der verschärften Bedingungen im Moment nur Bauvorhaben realisiert würden, in die bereits Mittel investiert worden sind und für die es bereits Baugenehmigungen gebe. So werde die wbg in Kürze mit den vorbereitenden Arbeiten auf einem derzeit als Gartenanlage genutzten Areal im Stadtteil St. Johannis im Westen Nürnbergs beginnen. Realisiert wird der Neubau eines Pflegeheimes. Darüber hinaus werden geförderte Wohnungen errichtet, die zum Teil als Seniorenwohnungen angeboten werden. Die Fertigstellung erfolgt aus heutiger Sicht Mitte 2026. Die wbg Nürnberg investiert rund 51 Mio. Euro. Die Finanzierung erfolgt über Fördermittel für Seniorenheime und Darlehen.

Kleinere private Baugesellschaften weiter aktiv

„Alle Projekte, die sich im Bau befinden, werden fortgeführt – das sind rund 1.000 Wohnungen. Neue Bauprojekte werden wir hinsichtlich einer optimierten Finanzierungsstrategie und hoffentlich auch unter Einbeziehung von geeigneten Fördermitteln, ESG-Konformität und daraus resultierender Wirtschaftlichkeit genau analysieren“, heißt es bei der Dawonia. Maren Holtermann, Abteilungsleiterin Kommunikation, erklärt für die Private Wohnungsbaugesellschaft in München: „Wir gehen aktuell davon aus, auch über die im Bau befindlichen Neubauprojekte hinaus weitere Projekte zu realisieren“. Die Dawonia unterhält rund 30.000 Wohnungen in Bayern.

Und bei der Covivo, die als Immobilien-AG 41.000 Wohnungen unter anderem in Berlin, Essen, Dresden, Leipzig und Hamburg unterhält, heißt es: „Wir führen unser geplantes Wohnungsneubau Volumen fort, natürlich gibt es Schwankungen, nicht zuletzt durch Lieferengpässe. Allerdings sind wir im Vergleich zu den großen Playern auch insgesamt mit einem kleineren Volumen unterwegs“, so Pressesprecherin Barbara Lipka.

Branchenverband erwartet noch keine Insolvenzwelle

Äußerst besorgt hingegen äußerte sich der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes Ost, Robert Momberg. In einem Interview mit dpa sagte er, er befürchte, dass weitere Unternehmen wegen der Teuerung Bauprojekte aussetzen werden. „Vonovia ist kein Einzelfall“, sagte Momberg. Auch im Osten Deutschlands legten Wohnungsbaugenossenschaften Projekte auf Eis. Erste Auftragsstornierungen lägen bereits vor. Eine Insolvenzwelle bei Bauunternehmen erwartet er aber nicht.

Christina Hövener-Hetz

Christina Hövener-Hetz
Autorin; Inhaberin der Agentur für politische Kommunikation und Presse
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