So erklärte Andreas Schichel, Sprecher des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, dass Mietschulden derzeit kein drängendes Thema seien. „Die zu Beginn der Coronakrise befürchtete Welle von Mietschulden ist ausgeblieben, da die Wohnungsunternehmen ihre Mieter mit individuellen Hilfsvereinbarungen unterstützt haben. Die Auswirkungen der Krise konnten insbesondere auch durch die schnelle Reaktion der Bundesregierung bei der Gewährung von Kurzarbeitergeld und Erleichterungen beim Wohngeld abgemildert werden. So wurde den Wohnungsunternehmen die dringend notwendige Planungssicherheit zugesichert.“ Für die Zukunft, so der GdW-Sprecher, gelte es aber weiterhin, die Wohngeldvergabe als zentrales sozialpolitisches Instrument zu digitalisieren und allen Menschen mit einem Rechtsanspruch die schnelle Unterstützung zu garantieren.
Der Deutsche Bundestag hatte am 25. März 2020 das sogenannte Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie beschlossen. Darin wurde für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni 2020 ein erweiterter Kündigungsschutz für Mieter festgelegt, die in diesem Zeitraum wegen corona-bedingter Einkommensausfälle ihre Miete ganz oder in Teilen nicht zahlen konnten. Dieser erweiterte Kündigungsschutz ist nach dem 30. Juni 2020 ausgelaufen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatten Experten mit Engpässen und Mietrückständen gerechnet.
Anstieg von Miet-Stundungen, aber keine Dramatik
Bei der LEG-Immobilien-Gruppe heißt es: „Es trifft zu, dass wir während des Höhepunkts der Corona-Krise einen zeitweisen Anstieg der Nachfragen nach Miet-Stundungen und Ratenzahlungen verzeichnet haben. Die Lage hatte sich aber schnell wieder entspannt und sich erst zu Beginn des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine wieder intensiviert. Insbesondere sind die Nachforderungen aus Nebenkostenabrechnungen und der damit verbundenen erhöhten Nebenkostenvorauszahlungen gestiegen und bewegen sich weiterhin auf hohem Niveau, erklärte Mischa Lenz, Pressesprecher der LEG. Dennoch könne auch hier von keiner Welle von Mietschulden gesprochen werden. Ähnlich ist die Lage bei Vonovia: Auch hier gebe es unverändert eine hohe Quote bei Engpässen, aber insgesamt sei die Situation nicht so dramatisch wie erwartet worden war.
Wohnungsunternehmen setzen auf Fairness
Gesobau-Sprecherin Birte Jessen wies darauf hin, dass sich bereits zu Beginn der Corona-Pandemie die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin auf ein umfassendes Maßnahmenpaket verständigt hätten: Unter dem Motto „Berlin-Fairsprechen“ konnte mit Mietstundungen und Ratenzahlungen sowie dem Verzicht auf Räumungen, aber auch durch transparente Information, Unterstützung von Schulen und Bildungsverbünden, Fortführung der Investitionen auch während der Pandemie zur Stützung des regionalen Mittelstandes den Mieterinnen und Mietern aktiv geholfen werden, sicher wie möglich durch die Pandemie zu kommen. Vor dem Hintergrund knapper werdender öffentlicher Mittel habe sich das Engagement der Gesobau AG in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert, erklärte Jessen. Die Gesobau AG übernehme nicht nur bestandsbezogene Aufgaben, sie gestalte öffentlichen Raum, die soziale Infrastruktur und beteilige sich aktiv an quartiersbezogenen Prozessen in ihren Beständen. „Insofern gab es keine „Welle an Mietschulden“, Ende September waren bei der Gesobau noch 51 pandemiebedingte Forderungen offen - bei einem Bestand von 46.000 Wohnungen.
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Auch die Howoge hatte als kommunales Berliner Wohnungsunternehmen im Rahmen des Maßnahmenpaketes „Fairsprechen“ in dieser Zeit auf Kündigungen, Räumungsverfahren und Mieterhöhungen verzichtet. „Sind Mieterinnen und Mieter in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wurden gemeinsam individuelle Lösungen gefunden. Neben den Kundenbetreuenden stand und steht unser Soziales Management den Mieterinnen und Mietern mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen zur Seite, erklärt Annemarie Rosenfeld, stellvertretende Pressesprecherin von Howoge. Die Hilfe umfasse Unterstützung bei der Antragstellung auf Übernahme von Mietschulden oder auf Grundsicherung, Ratenzahlungsvereinbarungen sowie die Vermittlung an entsprechende Fachstellen. „In Folge dieser Maßnahmen verzeichnen wir keine signifikante Steigerung der Mietforderungen nach Ausbruch der Pandemie. Aktuell sind lediglich 15 pandemiebedingte Forderungen offen. Der Wohnungsbestand der Howoge umfasst insgesamt 75.650 Wohnungen“.
VNW-Direktor: Versprechen gilt auch für kommenden Winter
Positive Rückmeldung kommt auch von einem Landesverband. Andreas Breitner, Direktor des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen VNW, erklärte: „Aus Gesprächen mit Vorständen und Geschäftsführern von VNW-Mitgliedsunternehmen weiß ich, dass Mietschulden derzeit kein großes Thema sind. Die Mieterinnen und Mieter nehmen die Mietzahlung sehr ernst. So liegt Schätzungen zufolge die Mietschuldenquote bezogen auf die Nettokaltmiete bei unter zwei Prozent.
Zudem haben die sozialen Vermieter ihren Mieterinnen und Mieter versprochen, dass niemand seine Wohnung verlieren wird, wenn Heizkostenrechnungen nicht beglichen werden können. Mit diesem Versprechen gehe man auch in den kommenden Winter, zumal die Energieminister der Bundesländer auf ihrer Tagung in Wernigerode im September erklärt haben, die Energieversorgung sei für die nächsten Monate stabil, und Engpässe seien nicht zu befürchten.
Breitner richtet sich dabei mit Forderungen an die Bundesregierung: „Die am Gemeinwohl orientierten Wohnungsunternehmen erwarten von der Bundesregierung, dass die aktuell geltenden Energiepreisbremsen bis zum Ende der kommenden Heizperiode verlängert werden. Die von Bundesfinanzminister Christian Lindner ins Spiel gebrachte Wiederanhebung der Mehrwertsteuer auf Erdgas schon zum Beginn des kommenden Jahres sehe ich kritisch. Wir sollten bei dem ursprünglichen Plan bleiben, der einen Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent für Gas und Fernwärme vorsieht“, so der Verbandsdirektor.
An die Adresse der Mieterinnen und Mieter sagt Breitner: Wichtig sei es, dass wohngeldberechtigte Personen ihre Ansprüche auch geltend machen. Die Bundesregierung habe den Kreis der Wohngeldbezieher Anfang dieses Jahres erheblich ausgeweitet. „Wir empfehlen, dass sich die Menschen erkundigen, ob sie dazu gehören.“
„Wir raten Mieterinnen und Mieter, die finanzielle Probleme haben, frühzeitig das Gespräch mit ihren Vermietern zu suchen. Unsere Unternehmen habe sehr viel Erfahrung im Umgang mit Menschen, die nicht über viel Geld verfügen. Sie sprechen mit ihnen auf Augenhöhe und suchen gemeinsam nach einer Lösung des Problems.“