Blühende Dachlandschaften für ein neues Wohnquartier
Über etwa sieben Jahre entstand in München-Obersendling das neue Wohnquartier „Am Südpark“. Nachdem der EON-Konzern 2012 die Pläne für seine neue Deutschland-Zentrale fallen ließ, wurde das acht ha große Areal für eine Umnutzung zum Wohnen frei. Das neue Quartier umfasst rund 1.100 Wohneinheiten und bietet Raum für etwa 2.500 Menschen sowie drei Kitas. Das Wohnen spielt sich in drei großen Wohnhöfen ab, gruppiert um einen zentralen, ruhig gelegenen Park, der über Grünflächen und Wege in die Umgebung zum Südpark sowie zur U-Bahn eingebunden ist.
Mit der Umwidmung des alten Gewerbeareals wurde für die Fläche ein neuer, vorhabenbezogener Bebauungsplan entwickelt. Hierzu bezogen Stadt und Investoren die breite Öffentlichkeit frühzeitig in die Planung ein. In Workshops wurden Wünsche der Bevölkerung erarbeitet und in Planungsziele übersetzt, wie etwa hohe Qualität, einladende Gestaltung und gute Zugänglichkeit der Grünflächen für alle Bewohner. Ebenso verfolgt die Grünordnung mit der Dachbegrünung eine „Stärkung des Naturhaushalts und Kleinklimas“.
Gärten auf 40 Prozent der Dachfläche vorgeschrieben
Das Münchner Referat für Stadtplanung definiert Mindestwerte für die Versorgung mit Grünflächen, die bei Nachverdichtungen etwas reduziert werden können. Für das neue Quartier wurde eine Planvorgabe von etwa 20 m² öffentlicher und privater Grünfläche je Bewohner ermittelt. Dieser Wert wird am Südpark nicht zuletzt durch die Ausweitung der ebenerdigen Grünflächen auf die Dachgärten erreicht. „Aussicht und Besonnung bieten gemeinschaftlich nutzbare, hohe Freiraumqualität“, erläuterte das Referat die Grünordnung für das neue Quartier. Darum waren Dachgärten mit intensiver Dachbegrünung auf mindestens 40 Prozent der Fläche vorgeschrieben. Zudem wurde die Ausführung mit einem mittleren Bodenaufbau von 45 cm Höhe festgelegt. So soll die Flächenreduzierung bei der extensiven Dachbegrünung kompensiert sowie die Wasserhaltefähigkeit und Verdunstung erhöht werden. Überdies war eine Begrünung mit Gehölzen zur Raumbildung wünschenswert.
Vier Bauabschnitte – vier Jahre Bauzeit
Auf allen Dächern wurden extensive und intensive Begrünungen realisiert. Projektstart war Ende 2017 am Bauabschnitt WA 3, die Bauzeit betrug gut ein Jahr. Die Abschnitte WA 2 und WA 1 wurden parallel etwa von Herbst 2018 bis Sommer 2019 bearbeitet. Auf diesen drei Abschnitten übernahm die Firma Garten-Moser die intensiven Begrünungen, beim Abschnitt WA 1.1 realisierten die Reutlinger die kompletten Begrünungen einschließlich der Extensiv-Flächen, über einen Zeitraum von Frühjahr 2019 bis Ende 2020.
Die Absturzsicherungen für die Aufenthaltsbereiche sind auf allen Wohnhöfen identisch ausgeführt. Ihre Befestigung erfolgte von innen an der Aufkantung des Flachdachs, durch die Schrägstellung sind die Geländer von der Straße nicht zu sehen, und der Abstand zum Dachrand vergrößert sich.
Die Dachgärten der Bauabschnitte 1 bis 3 sind in der Gestaltung vergleichbar. Pflanzbeete und Aufenthaltsflächen binden die mit Lochblech verkleideten Kamine und Dachaufbauten harmonisch in die Dachgärten ein. Betonquader unterschiedlicher Größen bieten wetterfeste Sitzmöglichkeiten, die Plattenbeläge zeigen sich einheitlich im quadratischen Format. Dagegen lockern freistehende, holzverkleidete Pflanzgefäße den Materialmix auf. Die artenreiche Bepflanzung erfolgte in Bodenbeete mit Anhügelungen. Gehölze wie Kiefern, Felsenbirnen, Ginster, Weiden und Ölweiden oder Sommerflieder wirken raumbildend, verschiedenartige Gräser und Sträucher schaffen ein geschlossenes Bodenbild.
Blühende Dachgärten bringen Menschen zusammen
Auf dem Abschnitt WA 1.1. hingegen mussten über 40 Prozent der Dachflächen zum Dachgarten gestaltet werden. Die restlichen Flächen erhielten eine extensive Begrünung mit einem 16 cm Mehrschicht-Aufbau und Einsaat einer Sedum-/Kräuter-Mischung. Die begrünte Fläche beträgt 1.430 m² plus 590 m² Kiesstreifen.
Besonders aufwendig war jedoch die Intensivbegrünung. Die Aufenthaltsbereiche erhielten auf 1000 m² einen Plattenbelag (mit Gefälleverlauf). Dieser ruht auf einem Unterbau aus einer bis zu 30 cm starken Schottertragschicht (255 m³ bzw. 360 t) mit einer Zwischenlage aus Vlies und einem 4 cm hohen Splittbett. Hinzu kommen 600 m² (= 195 t) flächige Kiesschüttungen. Wegen der Absturzgefahr haben die Hochbeete mindestens 1,10 Meter Abstand zu den Geländern.
Besonders augenfällig auf diesem Abschnitt ist die farbenfrohe vielfältige Bepflanzung in optisch ansprechenden Randelementen. Insgesamt 870 m² Pflanzbeete enthalten 305 m³ Intensivsubstrat. Zur Gewichtsreduzierung musste sogar Blähton als unterste Schicht eingebaut werden, die Begrünungsflächen sind mit einer Mulchschicht aus Granit-Splitt bedeckt.
Die Pflanzbeete bestehen aus über 800 laufenden Metern Randelementen – allesamt Sonderanfertigungen mit verschiedensten Höhen von 26 bis 110 cm. Für jedes Element musste die Höhe einzeln ermittelt werden, um Gefälleverläufe, Aufbauten oder Überfahrten auszugleichen. Zudem wurden die Leuchten-Aussparungen einzeln angepasst. Auch eine automatische Bewässerung wurde berücksichtigt. Insgesamt sind 330 m Verteilerleitungen sowie etwa zwei Kilometer Tropfschläuche unsichtbar verlegt und an Regensensoren angeschlossen.
Es gibt Hochbeete für Urban Gardening
Um den Bewohnern Urban Gardening zu ermöglichen, wurden zudem sechs Hochbeete und zwei Gerätekisten installiert. Für hohe Aufenthaltsqualität braucht es aber auch einladende Sitzgelegenheiten. Die Dachbegrüner montierten 36 Sitzelemente aus Flachstahl mit Auflagen aus Lärchenholz – freistehend, als Eckbank oder integriert in Hochbeete.
Insgesamt wurden 55 große Gehölze in drei Arten – kleinfruchtige Zieräpfel sowie zwei verschiedene Sommerflieder – gepflanzt. 4.900 Stauden und Gräser in 50 verschiedenen Arten sowie 20.650 Blumenzwiebeln von 10 Arten sind blühender Beweis für den Artenreichtum. An einigen Wänden sorgen 12 Clematis-Kletterpflanzen für weitere bunte Pracht, Edelstahl-Rankgerüste bieten die nötige Kletterhilfe.
Das Projekt in Zahlen Investoren: Bauherr: Städtebau: Architektur: Freiraumgestaltung: Dachbegrünung:
Concept-Real Firmengruppe, München
Wohnungsbaugesellschaft der Stadt München
BO 143 Projekt GmbH & Co. KG
von Ballmoos Krucker Architekten AG, Zürich
03 Architekten, München
Lanz Architekten, München
KSP Architekten, München
Studio Vulkan Landschaftsarchitektur, Zürich/München
DACHBEGRÜNUNG Garten-Moser GmbH u. Co. KG, Reutlingen
Martina Eisinger
Anhang | Größe |
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