Wärmeversorgung und Energiewende

Der Weg zur Dekarbonisierung ist noch lang

Wesentliche Inhalte der Energiewende sind die Erhöhung der Energieeffizienz und die Dekarbonisierung der Energieträger. Das hat für die Wärmeversorgung von Wohngebäuden gravierende Auswirkungen. Unser Autor befasst sich mit Strukturdaten der Heizungstechnik und dem Stand der Dekarbonisierung.

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Mit Steinkohle wird kaum noch geheizt. Aber die kohlenstoffreichen, fossilen Brennstoffe Gas und Öl haben immer noch den größten Anteil an der Wärmeerzeugung. Bild: Adobstock/Parilov
Mit Steinkohle wird kaum noch geheizt. Aber die kohlenstoffreichen, fossilen Brennstoffe Gas und Öl haben immer noch den größten Anteil an der Wärmeerzeugung. Bild: Adobstock/Parilov

Die im Jahr 2019 fertiggestellten Wohngebäude werden zu 47,7 Prozent mit erneuerbaren Energien als primärer Energiequelle beheizt. Die wesentlichste Energiequelle ist hierbei die Umweltthermie mit einem Anteil von 34,9 Prozent. Gas steht mit 41,6 Prozent an erster Stelle. Zwischen der Gesamtheit der Wohngebäude und den Wohngebäuden mit drei und mehr Wohnungen bestehen aber einige deutliche Unterschiede wie Tabelle 1 zeigt.

In Einfamilienhäusern haben Strom mit 1,2 Prozent und die Solarthermie mit 0,1 noch geringe Anteile. Biogas, Biomethan und sonstige Biomassen spielen kaum eine Rolle. Beachtenswert ist der nach wie vor hohe Anteil von Gas sowohl insgesamt als auch in Gebäuden mit drei und mehr Wohnungen.

Altersstruktur der Heizungsanlagen

Für die Leistungsfähigkeit und den Ersatz ist das Alter der Anlagen ein wesentliches Indiz. Insgesamt liegt das Durchschnittsalter bei 17 Jahren, wobei zwischen Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern geringe Unterschiede bestehen. In Einfamilienhäusern ist es mit 16,7 Jahren etwa günstiger als in Mehrfamilienhäusern mit 17,8 Jahren. Die Altersstruktur der Anlagen zeigt Tabelle 3.

Anlagen mit einem Alter von 20 und mehr Jahren gelten als überaltert. Somit sind rund 40 Prozent der Anlagen überaltert und bedürfen des Ersatzes. Die Überalterung betrifft vor allem Öl-Zentralheizungen (rd. 50 %), sonstige Heizungssysteme (36 %), Erdgas-Zentralheizungen (35,6 %). Das bedeutet, dass der Ersatz veralteter Anlagen mit der Substitution fossiler Energieträger verbunden werden kann.

Eingesetzte Energieträger

Es überwiegen Erdgas und Öl. Erdgas wird bei verschiedenen Heizungssystemen eingesetzt (Zentral- und Etagenheizungen, Wärmepumpen, Einzelöfen) und betrifft 49,3 Prozent der Wohngebäude und 48,2 Prozent der Wohnungen.

Öl wird in Zentralheizungen und Einzelöfen verbrannt mit einem Anteil von 30,4 Prozent der Wohngebäude und 25,6 Prozent der Wohnungen. Die übrigen Energieträger wie Flüssiggas, Holz, Pellets, Kohle kommen in Zentral- und Einzelheizungen zum Einsatz. Der Anteil liegt bei 8,0 Prozent der Wohngebäude und 7,5 Prozent der Wohnungen.

Fernwärme beheizt 6,6 Prozent der Wohngebäude und 13,2 Prozent der Wohnungen. Strom wird in Elektro-Wärmepumpen und Nachtspeicheröfen genutzt.

Zufriedenheit mit den Energieträgern

Die beste Durchschnittsnote wurde der Fernwärme erteilt, wobei die Einzelbewertungen sehr differenziert waren und bei 39,8 Prozent äußerst zufriedenen und 28,5 Prozent zufriedenen Nutzern ein starker Anteil unzufriedener Nutzer zu verzeichnen war. Erdgas bekam die Note 2,1 mit 68 Prozent äußerst zufriedenen und zufriedenen Nutzern.

Elektrowärmepumpen folgten mit der Note 2,2 und zwei Drittel äußerst zufriedenen und zufriedenen Nutzern. Der Anteil unzufriedener Nutzer war sehr gering. Heizöl erhielt die Note 2,6. Am schlechtesten schnitt Strom, d.h. Nachtspeicheröfen mit der Note 3,1 ab. Der Anteil unzufriedener Nutzer war hier sehr hoch.

Nutzung von Klimaanlagen

Sie ermöglichen komplexe Wirkungen, von der Temperaturreglung bis zur Reglung der Luftfeuchtigkeit. Ihre Verbreitung ist jedoch noch gering. Am stärksten verbreitet sind mobile Einzelgeräte. Sie sind in 10 Prozent der Wohnungen zu finden. Ihre Wirkung ist jedoch begrenzt.

Fest eingebaute Klimaanlegen sind nur in 4,7 Prozent der Wohnungen zu finden. Sie erfordern einen hohen Installations- und Betriebsaufwand, erbringen aber höhere Leistungen. Als Antriebsenergie wird Strom eingesetzt.

Modernisierungs- und Energiesparmaßnahmen

Bereits seit Jahren wird eine Vielzahl derartiger Maßnahmen realisiert. An erster Stelle rangiert die Erneuerung der Wärmeerzeuger/Heizkessel. Hierauf entfielen zwei Drittel der Maßnahmen (61,2 %). Mit erheblichem Abstand folgt dann die Erneuerung der Fenster mit einem Anteil von 47,6 Prozent. Einen Anteil von 27,5 Prozent hatten Dämmmaßnahmen an Kellerdecken, Dächern und Außenwänden. Die Erneuerung der Heizkörper und Heizungsrohre fand in rund einem Fünftel der Maßnahmen statt. Auf einem annähernd gleichen Niveau bewegte sich der Austausch der Thermostate. Anstelle der alten, per Hand regelbaren wurden elektrisch regelbare eingebaut.

Die Dämmung der Heizungsrohre spielte in 18,3 Prozent der Fälle eine Rolle. Optimierungen der Heizungsanlagen, z.B. durch einen hydraulischen Abgleich, wurden in 11 Prozent der Fälle realisiert.

Der Einbau von Lüftungsanlagen erfolgte in 3,2 Prozent der Maßnahmen. Allerdings muss festgestellt werden, dass in an 22,3 Prozent der Anlagen keine Energiesparmaßnahmen erfolgten. Das bedeutet, dass in großem Umfange mehrere Maßnahmen kombiniert wurden, aber auch noch erhebliche Reserven für Modernisierungen und Einsparungen vorhanden sind. (Lesen Sie zum Zusammenhang von Lüftungsanlagen und Wärmerückgewinnung auch den Artikel aufS. 26 in dieser Ausgabe).

Zukünftige Entwicklungen

Bauherren und Eigentümer brauchen langfristige Planungs- und Versorgungssicherheit. Die Wärmebereitstellung soll sauber und bequem, umweltbewusst und preiswert sein. In den kommenden Jahrzehnten wird die Energieversorgung in Deutschland vollständig auf erneuerbare Energien umgestellt. Sonnen- und Windenergie werden entscheidend sein. Dazu treten noch Geothermie/Umweltwärme, Abwärme, feste, flüssige und gasförmige Biomasse sowie die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Die Wärmeversorgung von Wohngebäuden wird daher basieren auf:

  • Solarenergie (Umwandlung von Sonnenenergie in unmittelbar nutzbare thermische Energie)
  • Geothermie
  • Umweltwärme (Wasser, Boden und Abwärme)
  • Fernwärme
  • Strom
  • Kraft-Wärme–Kopplung.

Hierbei spielt der Einsatz von Wärmepumpen eine entscheidende Rolle. Weiterhin werden Strom aus Photovoltaik und erneuerbaren Energien sowie feste, flüssige und gasförmige Biomassen von Bedeutung sein.

Solarthermische Anlagen können unmittelbar an den Gebäuden zur Erzeugung von Wärme installiert werden oder als Bestandteil von Wärmenetzen Wärme liefern. Geothermische Anlagen stellen ebenfalls Wärme über entsprechende Netze bereit. Das gilt in der Regel auch für Umweltwärme und die Kraft-Wärme-Kopplung.

Strom kann unmittelbar zur Beheizung eingesetzt werden, wird aber auch zum Betrieb von Wärmepumpen eingesetzt. Photovoltaik-Anlagen lassen sich ebenfalls direkt an Gebäuden installieren.

Die Bedeutung der Fernwärme wird wachsen, wobei die Erzeugung zunehmend auf der Grundlage von Solar- und Geothermie, Abwärme und nichtkohlenstoffhaltigen Gasen erfolgen wird. Inwieweit Wasserstoff für die Wärmeversorgung zum Einsatz gelangen wird, ist noch offen.

Wärmeerzeugung und -verbrauch werden in den meisten Fällen durch leistungsfähige Netze und Leitungen verbunden. Damit ergibt sich die Frage, inwieweit vorhandene Netze und Leitungen weiter genutzt werden können. Zu beachten ist, dass Maßnahmen an diesen auch immer Auswirkungen auf den Energieträgereinsatz haben, da hier enge Wechselwirkungen bestehen.

Stromnetze werden weiter auszubauen sein, da der Anwendungsbereich, z.B. für Heizungszwecke, sich weiter ausdehnen wird.

Inwieweit die vorhandenen Gasnetze für die Übertragung synthetischer Gase und Wasserstoff nutzbar sind, ist zu prüfen. Über den weiteren Ausbau der Fern- und Nahwärmenetze bestehen keine Zweifel. Das wird zu einem stärkeren Einsatz von Fernwärme führen.

Fazit

Von den langfristigen Zielen der Energiewende ist die Wärmeversorgung der Wohngebäude und Wohnungen noch weit entfernt. Die Erreichung dieser Ziele erfordert noch umfangreiche technische und organisatorische Anstrengungen sowie Investitionen. Es ist aber eine gute Ausgangsbasis vorhanden.

Quellen:

  • Statistisches Bundesamt; Baufertigstellungen 2019, Destatis, abgerufen am 24.09.2020
  • Ag Energiebilanzen Auswertungstabellen zur Energiebilanz Deutschland
  • BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V.; Studie „Wie heizt Deutschland 2019“
  • Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; Langfristige Ressourcenstrategie der Bundesregierung, 08/2020

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Dr. Wolfgang Lange

Dr. Wolfgang Lange
Dipl.-Ökonom, freier Autor
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Artikel Der Weg zur Dekarbonisierung ist noch lang
Seite 30 bis 31
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