Neben der Forderung nach mehr finanzieller Unterstützung für den bezahlbaren Mietwohnungsbau stand der Abbau von Bürokratie im Mittelpunkt des 15. Wohnungsbau-Tages. Denn immerhin: Der Abbau von Baunormen, die über das gesetzliche Mindestmaß für Komfort, Stabilität und Brandschutz hinausgehen, koste kein Geld.
Viele Normen, Vorgaben und Auflagen seien „schlichtweg überzogen“, so Prof. Dietmar Walberg, Leiter der Kieler ARGE. Alles, was die Kosten beim Neubau unnötig nach oben treibe, gehöre auf den Prüfstand. „Vieles wird mit High-End-Standards gebaut, weil es sonst keine Förderung gibt. Anderes, weil es ökologisch oder mit Blick auf den Wohnkomfort vermeintlich ein Optimum bietet. Hier brauchen wir ein neues Augenmaß für das, was wirklich Sinn macht und auch noch bezahlbar ist“, forderte ARGE-Institutsleiter Walberg. Seit 2000 hätten sich die Baukosten im Wohnungsbau pro Quadratmeter um den Faktor 2,5 erhöht. Preistreiber sei dabei vor allem die Technik in den Gebäuden – von der Heizung über die Lüftung bis zur Sanitär- und Elektrotechnik. Einen enormen Preisschub habe der Wohnungsbau seit 2020 erlebt: Seitdem gab es einen Anstieg der Baukosten von mehr als 42 Prozent, so die Wissenschaftler der ARGE. „Um schnell wieder bezahlbare Wohnungen bauen zu können, müssen sofort alle Möglichkeiten genutzt werden, die Baukosten zu senken. Und das geht nur über ein Senken der Standards: Also, wir müssen einfacher bauen. Wir müssen anders bauen. Sonst bauen wir bald gar nicht mehr“, so der eindringliche Appell von Dietmar Walberg auf dem Wohnungsbau-Tag.
Große Hoffnungen ruhen auf dem Gebäudetyp E
Bundesbauminister Klara Geywitz räumte ein, dass „wir Bauvorschriften aufeinandergetürmt haben“. Auf jeder Baustelle werde ein Mercedes-Stern angebracht, das müsse nicht sein. Einen Befreiungsschlag erwartet sich die Ministerin von der Einführung des Gebäudetyps E in alle 16 Landesbauordnungen. Branchenvertreter befürchten allerdings, dass diese Gesetzesnovelle versandet, weil ein Gutachten zur Überprüfung des einfachen Bauens in Auftrag gegeben worden sei. Immerhin gebe es Länderinitiativen aus Bayern, Hamburg und Schleswig-Holstein zur Förderung einer Bauweise, die sich an den gesetzlichen Standards und nicht an den Höchststandards orientiere. Das Verbändebündnis erinnert daran, dass die Bauministerkonferenz der Länder den Gebäudetyp E unterstützt und vom Bundesjustizministerium die Überarbeitung des Vertragsrechts im BGB erwartet, damit Bauunternehmen ohne die Gefahr von Regressforderungen von den Regeln der Technik abweichen können.
"Nur 20 Prozent von 4.000 DIN-Normen sind gesetzlich vorgeschrieben", weiß Peter Tschentscher, Hamburgs Bürgermeister.
Thomas Engelbrecht

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