Gestörte Lieferketten, drastischer Materialmangel und eine daraus resultierende rückläufige Bauaktivität setzen die Immobilienmärkte deutschlandweit extrem unter Druck: Inwiefern ist eine Preisstabilisierung am deutschen Immobilienmarkt bis 2024 also realistisch? Geht es nach der Forschungsabteilung der Deutschen Bank, der Deutsche Bank Research, erlebt der Preisauftrieb in zwei Jahren ein leichtes Ende. So beschreiben es die Autoren in ihrem „Deutschland-Monitor Baufinanzierung Q2/2022“. Insgesamt werden alle Fakten und Faktoren, die die Preise erst mal steigen lassen, sorgfältig behandelt: Zinswende, Inflation und Materialengpässe, der massive Zuzug – u.a. beeinflusst durch die gegenwärtigen Migrationsbewegungen aus der Ukraine – treiben die Preise weiter nach oben. Unabhängig ob private oder gewerbliche Immobilien. Warum dann das Ende der Fahnenstange schon gegen 2024?
Warum soll die Inflation bei Wohnimmobilien plötzlich kippen? Wo doch gar nicht sicher ist, ob diese sensiblen Faktoren bis dahin nicht mehr greifen. Die Migration etwa, die wir jetzt erleben, kam nahezu aus heiterem Himmel. Genauso wie jene Millionen Menschen im Jahr 2015, die die Wohnungsknappheit – und damit den Preisauftrieb bei Kauf und Miete – deutlich haben ansteigen lassen.
Bleibt es bei den aktuellen Zahlen an Flüchtlingsbewegungen innerhalb Europas, wird die Nachfrage weiterhin hoch bleiben und das Angebot stagnieren bzw. in einem kritischen Szenario bei rückläufiger Bautätigkeit sogar sinken. Werden die oben genannten Triebkräfte wie Rohstoffverknappung und gestörte Lieferketten nicht austariert, droht sogar eine Preissteigerung wie wir sie lange nicht mehr gesehen haben. Und das kann sehr schnell gehen: Möglicherweise schon im kommenden Jahr.
Die aktuelle Lage
Schauen wir aber nochmal auf den aktuellen Befund, den die Deutsche Bank Research für das zweite Quartal skizziert:
- „Laut Statistischem Bundesamt stiegen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland in Q4 2021 um 12,2 Prozent gegenüber Q4 2020.
- Für das Jahresende 2022 werden 5bis10-jährige Hypothekenzinsen von 2,45 Prozent erwartet und bis zum Jahresende 2023 eine weitere Erhöhung auf 2,95 Prozent.
- Im Jahr 2020 wurden 306.376 neue Wohnungen fertiggestellt. Trotz Materialengpässen erwarten wir abermals ein Plus von über 300.000 im Jahr 2021.
- Die ukrainische Flüchtlingssituation dürfte die Wohnungsnachfrage weiter ankurbeln. Die Einwohnerzahl könnte über die nächsten zehn Jahre auf fast 85 Millionen ansteigen. – Trotzdem dürfte die Angebotsknappheit perspektivisch abnehmen.“
Fazit der Deutschen Bank: Der „Hauspreiszyklus könnte im Jahr 2024 enden“. Das kann man für eine gewagte Prognose halten, die vielleicht lediglich auch nur den Nerv der Zeit zu treffen scheint. Die Vorgängerstudie kam ursprünglich vor rund einem Jahr raus. Jetzt mit einem Update, das den Zeitpunkt der Wende nochmal bestätigen soll. Es werden aber vielmehr drei Faktoren relativiert, die nicht gerade für fallende Preise sprechen:
- Eine Rekordinflation von sieben Prozent in Deutschland, die die Marktteilnehmer grundsätzlich unter Stress setzen – und für Verunsicherung sorgen.
- Baustopps auf den meisten Baustellen durch Lieferengpässe und gestiegene Kosten, ja bestimmte Materialien und Bauteile sind gar nicht vorhanden – selbst an Nägeln mangelt es an etlichen deutschen Baustellen. All dies verzögert oder verhindert Bauvorhaben und gefährdet Ziele wie 300.000 neue Wohnungen für 2022.
- Unsichere Prognosen zu demografischen Entwicklungen durch Zuzug, die unmöglich zu prognostizieren sind.
Massive Verunsicherung fördert Flucht in Immobilienwerte
Aus Branchenperspektive kann die von der Deutschen Bank argumentierte „perspektivisch beseitigte fundamentale Angebotsknappheit“ im Jahr 2024 nicht ohne Abwägung einkalkuliert werden. 85 Millionen Einwohner – das sind fast zwei Millionen Menschen mehr als heute. In zwei Jahren und das bei rund 300.000 gebauten Wohnungen pro Jahr, was ohnehin erstmal nur auf dem Papier steht, wird es nach wie vor wesentlich mehr Nachfrage als Angebot geben.
Ein weiterer Anstieg der Immobilienpreise ist daher wahrscheinlich. Und zwar genau wegen der schon genannten Faktoren – einzeln und geballt: Die Einzeleffekte von Inflation, anziehenden Materialpreise, gestörte Lieferketten und Zinssteigerungen (die in der Tat preisdämpfend wirken würden) sind schon schlimm genug. Doch all dies gipfelt in einer massiven Verunsicherung, die die bereits bestehende Flucht in Sachwerte – wozu in erster Linie Immobilien gehören – weiter anheizt. Bleibt es allerdings bei niedrigen Zinsen und galoppierenden Inflationswerten, werden sich auch Immobilien als sichere Anlage halten. Auch nach 2024.
„
Alles in allemspricht erkennbar mehr für weitere Preissteigerungen als dagegen.
Peter Rabitz
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