Noch vor fünf Jahren hätte man die vier Neubau-Wohnblöcke in der Hafenstraße 3–6 in Frankfurt/Oder wohl einfach mit bewährter Gasbrennwerttechnik ausgestattet und als Innovations-Sahnehäubchen noch Solarthermie oder eine PV-Anlage aufs Dach gesetzt. So sah zumindest „damals“ die Standardlösung aus. Doch Zeiten und Anforderungen an technische Lösungen ändern sich manchmal erstaunlich schnell. Schon vor der Ampel-Koalition zeichnete sich ab, dass aus Klimaschutzgründen vor allem der Wärmesektor nach neuen Konzepten mit einem wesentlich höheren Anteil an regenerativer Energie verlangte.
In Frankfurt/Oder scheint man den kürzlich von der Bundesregierung initiierten „Wärmepumpen-Gipfel“ vorausgeahnt zu haben. Hier projektierte vor rund drei Jahren das TGA-Fachplanungsbüro IEP Ingenieurgesellschaft Prof. Dr. Ellrich mbH, in Kooperation mit dem örtlichen Planungsbüro der Unternehmensgruppe Krebs & Schulze „Die Baudenker“, den Neubau von vier Mehrfamilienhäusern mit jeweils 18 Wohneinheiten – und entschied sich für Wärmepumpen als tragender Säule der Wärmeversorgung.
Vorzüge der Wärmepumpen-Hybrid-Heizung
Für die Grundlastabdeckung kommt in jedem der vier Wohnblöcke eine Luft-Wasser-Wärmepumpe der Baureihe BLW NEO 18 von Brötje zum Einsatz. Um den unwirtschaftlichen elektrischen „Heizstab-Betrieb“ in höheren Temperaturbereichen und bei hoher Momentan-Wärmeanforderung zu vermeiden, kombinierte man die Wärmepumpen mit dem kompakten wandhängenden WGB-Gasbrennwertkessel 50 I E-Gas von Brötje. Diese Hybridlösung scheint auch vor dem Hintergrund der aktuellen Gas(preis)krise nach wie vor sehr sinnvoll. Gas wird auch weiterhin als besonders sauber verbrennender Energieträger zur Verfügung stehen – wenn nicht aus Russland, dann aus den USA und anderen verbündeten Nationen, wozu derzeit die Kapazitäten neuer LNG-Terminals massiv ausgebaut werden.
Contracting hält die Investitionskosten für Eigentümer gering
Die gesamte Heizungsanlage wird in einem Contracting-Modell von den Stadtwerken Frankfurt/Oder betrieben, die den Strom für die Wärmepumpen liefern – auch für diesen lokalen Energieversorger war ein Wärmepumpen-Contracting ein Novum. Um die Eigentumswohnungen attraktiv vermarkten zu können, hatte man darauf geachtet, die Gesamtbauinvestitionen möglichst gering zu halten. Dazu zählte auch, die Gerätekosten für die Wärmeversorgung auf einen externen Betreiber auszulagern.
Um die Baukosten zu minimieren verzichtete man darauf, die vier Häuser nach KfW-Anforderungen zu errichten. Das wäre zwar mit einer grundsätzlich willkommenen Förderung verbunden gewesen, hätte jedoch wegen des größeren energetischen Gesamtaufwands zu erheblich höheren Baukosten geführt. Dass die Gebäude die an sich schon anspruchsvollen EnEV-Anforderungen vollumfänglich erfüllen, steht außer Frage.
Wärmepumpenheizung im Mehrfamilienhaus
Letztlich bedeutete die kostenbewusste Bauplanung allerdings auch, eine insgesamt sehr effiziente Wärmeversorgung einzuplanen. Die neue Luft-Wasser-Wärmepumpenfamilie BLW NEO von Brötje moduliert ihre Leistung im Bereich von 2,4 bis 19,2 kW. Ein bislang einzigartiges System mit zwei im Verbund arbeitenden Wärmetauschern gewinne aus dem Kreislauf weitere Energie hinzu und sorge damit für beste Leistungszahlen. Gleichzeitig sei die BLW NEO vollmodulierend, das heißt, Kompressor und Rotor passten ihre Leistung dem tatsächlich benötigten Bedarf an.
Die Leistungszahl COP A2/W35 (EN 14511) liege bei 4,25. Das beschere dem Gerät die bestmögliche Paket-Energieeffizienzklasse (Heizung) A+++. Die kompakte Bauweise mit einem besonders leisen Eulenflügelventilator und einer schalloptimierten Gehäusekonstruktion sorge für äußerst geringe Betriebsgeräusche. Ein COP größer als 4 und der integrierte Wärmemengenzähler eröffneten bestmögliche Fördermittelkonditionen.
Gasbrennwertkessel für die Spitzenlasten
Der wandhängende Gasbrennwertkessel Brötje WGB 50 I E-Gas sei für den gleitend abgesenkten Betrieb nach DIN EN 15502 geeignet. Der Kessel moduliere stufenlos über eine Gas-Luft-Verbundregelung mit einem Modulationsbereich von 23 bis 100 Prozent. Das sorge für wenige Brennerstarts und eine jederzeit optimale Verbrennung.
Zwei große Speicher puffern die Wärme für Heizung und Trinkwasser
In jedem der vier Häuser wird die Wärme zur zeitversetzten Nutzung in zwei 850 Literfassenden Pufferspeichern eingelagert: In einem Speicher niedrigtemperiert mit 45 Grad Celsius für die Heizung, im anderen höher temperiert für die Frischwasserstation.
Fazit
Die vier Luft-Wasser-Wärmepumpen für jeweils 18 Wohnungen dürften den Wärmebedarf der Bewohner zu etwa 80 Prozent decken. Nur wenn der Pufferspeicher leer ist, viele Bewohner gleichzeitig duschen und die Wohnungen heizen, wird der Gaskessel benötigt. Auf jeden Fall erreiche die Hybridanlage den Mindestanteil regenerativer Energieerzeugung von 60 Prozent, wie der Gesetzgeber es fordert. Hybridheiztechnik mit mehreren Wärmeerzeugern entwickelt sich seit Längerem in Immobilien aller Art zur Regel.
Bislang noch nicht so verbreitet ist die Kombination von hoch effizienter Wärmepumpen- und Gasbrennwerttechnik, wie sie an diesem Bauprojekt zum Einsatz kommt. Eine weitere Besonderheit ist der Betrieb der Anlage in einem Contracting-Modell. Das hielt die Basis-Investitionskosten für die Eigentümer gering.
Objekt: Vier MFH-Stadtvillen mit je 18 Eigentumswohnungen, Frankfurt/Oder
Fertigstellung: 2021 bis 2023
Heiztechnik: In jedem der vier Gebäude sind folgende Komponenten verbaut:
1 × Luft-Wasser-Wärmepumpe Brötje BLW NEO 18
1 × Gasbrennwertkessel WGB 50 I E-as
1 × Pufferspeicher 850 l (niedrigtemperiert mit 45°C) für Heizung
1 × Pufferspeicher 850 l COSMO CPS 850 für Frischwasserstation
1 × Frischwasserstation Malotech fresh classic 57/41
2 Heizkreise je Wohnblock für Fußbodenheizung
Primärenergie: Strom für Wärmepumpe, Erdgas für Gaskessel
Contractor: Stadtwerke Frankfurt/Oderwww.stadtwerke-ffo.de
Bauherr: Die Baudenker – Krebs Ingenieurgesellschaft mbH & Co. KGwww.die-baudenker.de
TGA-Fachplaner: IEP Ingenieurgesellschaft, Prof. Dr. Ellrich mbHwww.iep-ehst.de
Redaktion (allg.)
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