„Indexmiete ist kein flächendeckendes Phänomen“
Im Januar wandte sich der Deutsche Mieter mit einer Verbotsforderung an die Öffentlichkeit. Aus der Beratungspraxis seiner Mietervereine in Hamburg, Hannover, Köln, Frankfurt und Düsseldorf schlussfolgerte der Deutsche Mieterbund, dass in den Metropolen inzwischen 30 Prozent der abgeschlossenen Mietverträge eine Indexierung enthielten, die eine jährliche Mieterhöhung gemäß der Inflationsrate ermöglichen. In Berlin betreffe das sogar 70 Prozent der neu abgeschlossenen Mietverträge.
Mieterbund: „Jeder dritte neue Mietvertrag an Inflation gekoppelt“
Trend habe 2022 massiv zugenommen, die Beratungszahlen dazu hätten sich mindestens verdoppelt. 2021 habe der Anteil schätzungsweise bei rund 10 bis 15 Prozent der Beratungsfälle oder war noch niedriger. 2020 sei der Anteil marginal gewesen. Die Mieterhöhungen lägen bei den Mitgliedern des Mieterbundes mit Indexmietvertrag im Schnitt zwischen 5 Prozent bis 15 Prozent, in einigen Fällen aber auch bei bis zu 30 Prozent.
IW: „Nur 2,2 Prozent haben eine Indexmiete abgeschlossen“
Auf der Grundlage einer Befragung von 5.303 Mieterinnen und Mietern im Rahmen des sogenannten Ariadne-Projekts kommt das Institut IW zu dem Ergebnis, dass gerade einmal 2,2 Prozent der deutschen Mieter eine Indexmiete (§ 557b BGB) vereinbart haben. Die Befragung fand im Herbst 2022 statt.
In Neubauten spielt der Indexvertrag eine etwas größere Rolle
Auch die Staffelmiete (§ 557a BGB), bei der Vermieter die Preise zu bestimmten Zeitpunkten um einen festgelegten Betrag erhöhen, betreffe gerade einmal drei Prozent aller Mieter. Die große Mehrheit von über 92 Prozent habe einen Mietvertrag unterzeichnet, bei dem die allgemeinen Mieterhöhungsregelungen gelten. Im Neubau, also bei Wohnungen und Häusern, die nach 2020 gebaut wurden, spielten Indexmieten eine etwas größere Rolle, seien aber noch immer deutlich in der Minderheit: Hier hätten sieben Prozent der Mieter einen solchen Vertrag unterzeichnet und rund elf Prozent (11,1 %) einen Staffelmietvertrag.
Angesichts der Inflation und steigender Energiekosten spracht Mieterbund-Präsident Lukas Siebenkotten von einer „unzumutbaren Kostenfalle“ für Mieterinnen und Mieter und fordert von Justizminister Marco Buschmann (FDP) ein Verbot des Indexmietvertrages.
Bundesbauministerin tritt für Deckelung ein
Schon im November 2022 hatte sich auch Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung kritisch über Indexmietverträge geäußert und eine Deckelung der Indexierung für Wohnungen und Häuser ins Gespräch gebracht. Sie verwies zum damaligen Zeitpunkt auf eine Bundesratsinitiative des rot-grünen Senats der Stadt Hamburg. Die Hansestadt hat eine Kappungsgrenze von 3,5 Prozent pro Jahr vorgeschlagen.
Für eine entsprechende Änderung des Mietrechts wäre Bundesjustizminister Marco Buschmann zuständig. Und der ist bekanntlich kein Freund weiterer Mietrechtsverschärfungen.
„Kritik am Indexmietvertrag macht ihn erst richtig bekannt“
Das Institut IW kommentiert kritisch, aus der öffentlichen Diskussion könnte sich ableiten lassen, die Indexmiete sei ein flächendeckendes Phänomen – dem sei definitiv nicht so. „Paradoxerweise könnte gerade die aktuelle Diskussion Indexmieten deutlich bekannter machen“, sagt IW-Immobilienexperte Ralph Henger. Gleichzeitig rechnet der Experte nicht damit, dass die Form marktbeherrschend sein wird – zu groß seien die Risiken und die möglichen Nachteile gegenüber einem Standardmietvertrag, für Mieter wie auch für Vermieter. Ein Beispiel: Wenn Vermieter energetisch modernisieren, dürfen sie die Miete nicht über eine Modernisierungsumlage anheben. Sie sollten deshalb darauf achten, Indexmieten nur für Neubauten oder frisch modernisierten Wohnungen anzubieten – oder die Indexmiete zeitlich zu befristen, was heute schon zulässig sei. (Red.)
Urteil des Amtsgerichts Hamburg
Kombination von Staffelmiete und Indexmiete ist zulässig
Im Mietvertrag kann wirksam vorgesehen werden, dass nach Ende der Laufzeit der Staffelmietvereinbarung eine Indexmietvereinbarung greift. Das hat das AG Hamburg entschieden.
Enthält ein Wohnungsmietvertrag keine Vereinbarungen über die künftige Entwicklung der Miete, kann der Vermieter vom Mieter eine Zustimmung zur Erhöhung der Miete nur verlangen, wenn die Miete unter der ortsüblichen Vergleichsmiete, das heißt in der Regel unter dem
Niveau des Mietspiegels liegt.
Bei Vereinbarung einer Staffelmiete (§ 557a BGB) wird die ab bestimmten Zeitpunkten geltende Miete im Voraus betragsmäßig festgelegt. Bei einer Indexmiete (§ 557b BGB) entwickelt sich die Miete entsprechend dem Verbraucherpreisindex für Deutschland.
Dem vom AG Hamburg entschiedenen Fall lag die Kombination von Staffelmiete und Indexmiete zugrunde. Das Mietverhältnis begann am 1. März 2012 mit einer Miete von 560 Euro plus Betriebskostenvorauszahlungen. Nach § 6 des Mietvertrages war eine Staffelmiete vorgesehen und zwar ab dem 1. März 2013 eine Nettomiete von 570 Euro und ab dem 1. März 2014 von 580 Euro. Nach § 5 des Mietvertrages war ab 1. März 2015 eine Mietanpassung an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) vorgesehen. Mit Schreiben vom 30. März 2021 machte der Vermieter die Mieterhöhung unter Berufung auf eine Änderung des VPI von 565 Euro auf 606,36 Euro ab dem 1. Mai 2021 geltend und mit Schreiben vom 29. März 2022 die Erhöhung von 606,36 Euro auf 637,53 Euro ab dem 1. Mai 2022.
Der Mieter zahlte die Erhöhungsbeträge nicht und hielt die Mieterhöhungen für unzulässig. Auf Klage des Vermieters entschied das AG Hamburg, dass die ausgesprochenen Mieterhöhungen gemäß § 5 des Mietvertrages in Verbindung mit § 557b BGB wirksam gewesen sind, da in § 5 des Mietvertrages zulässigerweise vorgesehen ist, dass nach Ende der Laufzeit der Staffelmietvereinbarung, nämlich nach Ende Februar 2015, eine Indexvereinbarung greift (AG Hamburg, Urteil v. 6.3.2023, 713 C 106/22, ZMR 2023, S. 549).
Quelle: Bayerische Hausbesitzer-Zeitung, 2/2024