Hohe Stromkosten

Photovoltaik auf dem Dach. Ein Weg zu mehr Unabhängigkeit?

Die Zahl der Photovoltaikanlagen steigt kontinuierlich, 2022 gibt es bereits über 2 Millionen auf deutschen Dächern. Neben allgemeinen Nachhaltigkeitstrends ist dafür vor allem die Entwicklung der Strompreise verantwortlich. Der Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz/Saarland e.V. erklärt die wichtigsten Schritte auf dem Weg zur kostengünstigen Stromerzeugung auf den Dachflächen von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG).

Eine Photovoltaikanlage anzuschaffen, auch für Wohneigentümergemeinschaften, ist gar nicht so kompliziert. Hier einige Tipps und Einschätzungen für WEGen. BILD: Fotolia/ Finecki
Eine Photovoltaikanlage anzuschaffen, auch für Wohneigentümergemeinschaften, ist gar nicht so kompliziert. Hier einige Tipps und Einschätzungen für WEGen. BILD: Fotolia/ Finecki

Verschiedene Betriebsmodelle von Solarstromanlagen

Viele Eigentümer von Wohnimmobilien investieren aktuell in die Erzeugung von nachhaltigem Sonnenstrom. Sie versprechen sich dadurch etwas Unabhängigkeit von dem hochpreisigen Strom der Energieanbieter und der rasanten Preisentwicklung auf dem Strommarkt. Während auf Dächern von Einfamilienhäusern immer mehr Photovoltaik-Module installiert werden, die Sonneneinstrahlung direkt in elektrische Energie umwandeln, gestaltet sich dieses Vorhaben bei Mehrfamilienhäusern in der Regel schwieriger: die Installation einer Photovoltaikanlage ist nach § 20 Absatz 1 WEG eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum, die zur Umsetzung einen WEG-Beschluss erfordert.

Trifft der Eigentümer eines Eigenheims derartige Entscheidungen unbürokratisch selbst, sind diese Prozesse innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft aufgrund verschiedener Interessen und hoher Investitionskosten von mehreren zehntausend Euro komplex.

Angelika Neubauer, Vorstandsmitglied im VDIV-RPS: „Das Thema Solarenergie bedarf im Vorfeld einer detaillierten Planung und Beratung. Möchte eine WEG Solarstrom produzieren, sollten die Betriebsmodelle von Solaranlagen gemeinsam mit einem Experten auf Vor- und Nachteile analysiert und Angebote verschiedener Anbieter eingeholt werden.

Stellen Sie sich in der WEG die Frage nach der Finanzierung

Welches Förderprogramm hilft bei der Senkung der Investitionskosten? Investieren nur einzelne Eigentümer oder die komplette WEG? Gibt es Nutzungskonzepte, die für die WEG dank eines Miet- oder Pachtmodells mit einem Solarstromdienstleister keine Investitionen erfordern?

Oftmals wird neben der notwendigen Leitungsführung das Thema Brandschutz übersehen und/oder der entsprechende Fachplaner hier zu spät eingeschaltet. Auch die Lieferzeiten der Solarmodule und die Verfügbarkeiten der Handwerksbetriebe werden – bei allem Verständnis für den Wunsch nach einer nachhaltigeren Nutzung der Sonnenenergie – leider teilweise nicht von allen Interessierten berücksichtigt.“  

Besteht seitens einzelner Eigentümer der Wunsch einer Photovoltaikanlage, empfiehlt es sich, weitere Mitstreiter für das Vorhaben zu gewinnen oder - im Hinblick auf die erforderliche Beschlussfassung - im Vorfeld notwendige Mehrheitsverhältnisse auszuloten, offene Fragen zu klären und die Verwaltung in die Planungen einzuweihen. Interessieren sich innerhalb einer Hausgemeinschaft nur wenige Eigentümer für die Anschaffung, besteht für sie die Möglichkeit, für die Solarstromversorgung auf dem Dach auf eigene Kosten Einzelanlagen zu errichten.

Dachflächen zählen zum Gemeinschaftseigentum

Die Eigentümergemeinschaft kann Dachflächen an einzelne Eigentümer verpachten. DIE perfekte Allgemeinlösung für Mehrfamilienhäuser existiert nicht, das ideale Betriebsmodell ist je nach Immobilie und WEG von verschiedenen Faktoren abhängig.

Dabei spielen Punkte wie die Lage, Hausgröße, die verfügbare Dachfläche oder der allgemeine Strombedarf eine wichtige Rolle. Darüber hinaus ist ausschlaggebend, welche Art der Stromversorgung die geplante Anlage erfüllen soll: Der erzeugte Solarstrom kann beispielsweise ausschließlich für die Deckung des allgemeinen Strombedarfes, etwa für den Aufzug oder die Beleuchtung von Tiefgarage oder Treppenhaus genutzt werden, alternativ eine Solarthermieanlage als Ergänzung zur klassischen Öl- und Gasheizung Wärmeenergie zuliefern, oder - im Idealfall - auch einzelne Wohneinheiten über eigene Stromzähler direkt mit Solarenergie versorgen.

Neben der Stromgenerierung für rein lokale Zwecke innerhalb des Gebäudes kann der erzeugte Strom alternativ per Volleinspeisung auch komplett und ausschließlich in das öffentliche Stromnetz fließen. Nach der Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (kurz: EEG) vom 30. Juli wird dieser Schritt für Eigentümer von Photovoltaikanlagen dank steigender Vergütungssätze künftig deutlich attraktiver.

Das neue EEG ab 01.01.2023

Das neue Erneuerbare-Energien-Gesetz bietet weitere Förderungsmöglichkeiten für Neuinvestitionen und die Inbetriebnahme von Eigenversorgeranlagen, neuerdings auch auf Carports und Garagen, falls keine geeignete Dachfläche zur Verfügung stehen sollte.

Die WEG hat neben der Möglichkeit des kompletten Erwerbs und des eigenständigen Betreibens der Photovoltaikanlage die Option, die erstellte Anlage an einen externen Dienstleister zu verpachten, der als Betreiber für die Stromlieferung zuständig ist. Möchte die Wohnungseigentümergemeinschaft die hohen Investitionskosten nicht übernehmen, kann sie die Dachfläche bei größeren Wohnanlagen auch einem externen Energiedienstleister zur Verfügung stellen, der dort die passende Photovoltaikanlage auf eigene Kosten installiert und betreibt. Die Hausbewohner profitieren so von ihrem lokal produzierten Solarstrom, mehrproduzierter Strom fließt in die Einspeisung des öffentlichen Netzes.

Erzeugt die Anlage weniger Energie als benötigt, erfolgt die Stromversorgung aus dem öffentlichen Stromnetz. Dieser Strom - auch Mieterstrom genannt - erweist sich mit Blick auf den Preis pro Kilowattstunde womöglich etwas teurer als direkterzeugter Solarstrom in Eigenregie - dank staatlicher Förderung und entfallender Netzentgelte kann er aber günstiger als der Strom klassischer Energieversorger sein.

Der Vorteil für die WEG, wenn sie die Anlage in diesem Falle nicht selbst betreibt: es entfallen für die Eigentümer neben Bürokratie, Planung, Abrechnung und Wartung sämtliche Investitionskosten. An Mieterstrom interessierte Bewohner müssen nur den vereinbarten Stromtarif entrichten, alles Übrige wird von Seiten des beauftragten Energiedienstleisters vertraglich übernommen. Die Beschlussfassung erfolgt bei der Eigentümerversammlung.

Die Erstellung der Photovoltaikanlage erfordert als bauliche Veränderung eine einfache Mehrheit. Angelika Neubauer über die Verteilung der Kosten: „Nur bei Erreichen eines doppelten Quorums, also bei mehr als zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile, tragen nach § 21 Absatz 2 WEG in der Regel alle Eigentümer - aufgeteilt nach Miteigentumsanteilen - die Kosten der Installation. Kommen diese Mehrheitsverhältnisse nicht zustande, müssten nach § 21 Absatz 3 nur die Eigentümer für die Kosten aufkommen, die für die Investition stimmten. Sie dürfen die Photovoltaikanlagen dann auch ausschließlich nutzen, was vielmals im Vorfeld nicht ausreichend problematisiert beziehungsweise bedacht wird.“

Hohe Anschaffungskosten

Nach der Beschlussfassung kann die Anlage von der beauftragten Fachfirma errichtet und für die Stromgewinnung in Betrieb genommen werden. Eigentümer sollten dabei aber immer beachten: Den kompletten Strombedarf kann eine Photovoltaikanlage aufgrund unterschiedlicher örtlicher Gegebenheiten (Dachstatik, fehlende Dachflächen, mangelnde Sonnenscheindauer) oft nicht komplett abdecken. Entscheidet man sich für die Investition in eine Photovoltaikanlage, dauert es einige Jahre bis sich die hohen Anschaffungskosten auch wirklich rechnen, allerdings sind die Anlagen mit bis zu 25 Jahren Gebrauchsdauer sehr langlebig und verursachen überschaubare Wartungskosten.

Unabhängig von der Anschaffung größerer Photovoltaikanlagen besteht für alle Bewohner immer die Option einer Kleinstanlage, die auf Balkon oder Terrasse aufgestellt werden kann. Sie ist mit der Steckdose einfach zu verbinden und erzeugt dann für diese Wohnung selbsterzeugten Solarstrom; bis zu 10 % des eigenen Stromverbrauchs können so abgedeckt werden. 

Quelle: Verband der Immobilienverwalter Rheinland-Pfalz-Saarland e.V. (VDIV-RPS)

www.vdiv-rps.de und www.facebook.com/vdivrps

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TIPP DER FACHZEITSCHRIFT IVV IMMOBILIEN VERMIETEN & VERWALTEN

Abgrenzung Gemeinschaftseigentum Sondereigentum - das ist mitunter nicht so einfach. In einem Fachwebinar erklärte unser Miet- und WEG-Rechtsexperte alles Wissenswerte um die Teilungserklärung und die Beschlussfassung.

Die Aufzeichnung des 90-minütigen Video-Beitrags senden wir Ihnen kostenlos zu, wenn Sie den IVV-Newsletter abonnieren.

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Infos vom Verband der Immobilienverwalter Deutschland e. V. (VDIV Deutschland)

Solaranlagen: Steuererleichterungen voraussichtlich ab Januar 2023

Einnahmen aus dem Betrieb von PV-Anlagen bis zu einer bestimmten Leistung werden ab Januar 2023 von der Ertragsteuer befreit. Außerdem fällt die Umsatzsteuer für Lieferung, Erwerb und Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern ab dem Jahreswechsel weg.

Die entsprechenden Änderungen im Einkommensteuergesetz (§ 3 Nr. 14a) und im Umsatzsteuergesetz (§ 12 Abs. 3) hat das Kabinett mit dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 am 14. September beschlossen.

Die geplante Ertragssteuerbefreiung soll für PV-Anlagen bis zu einer Bruttonennleistung von 30 kW auf Einfamilienhäuser und Gewerbeimmobilien sowie bis zu 15 kW je Wohn- und Gewerbeeinheit bei weiteren überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäuden wie etwa Mehrfamilienhäusern gelten. Für die letztgenannte Gebäudekategorie darf die Leistung der gesamten Anlage oder die Summe der Leistungen mehrerer Anlagen 100 kW nicht überschreiten. Werden im Betrieb einer steuerbegünstigten Anlage nur steuerfreie Einnahmen erzielt, ist künftig auch keine Gewinnermittlung mehr erforderlich.

Nach der letzten Europarechtsreform hat auch das Widerrufsrecht des Mieters mehr an Bedeutung gewonnen, beispielsweise bei dem Abschluss eines Mietvertrages über eine zuvor nicht besichtigte Wohnung. Wird der Mieter in den einschlägigen Fällen nicht oder nicht...
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