Die Neuregelung soll bereits am 1. Oktober 2023 in Kraft treten. Die degressive Abschreibung gilt ausschließlich für neu gebaute oder neu erworbene Wohngebäude und Wohnungen.
- Im ersten Jahr können sechs Prozent der Investitionskosten steuerlich geltend gemacht werden, in den folgenden Jahren jeweils sechs Prozent vom Restwert der Immobilie.
- Ein Wechsel zur linearen AfA ist möglich; diese beträgt drei Prozent.
- Der Baubeginn des Wohngebäudes muss zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 liegen.
- Für die Steuererleichterung gibt es keine Baukostenobergrenzen, und der Staat gewährt sie ab dem Effizienzstandard 55.
Was bedeutet „degressive Abschreibung“?
Das Bauministerium macht den Mechanismus der degressiven (nicht linearen) Steuerabschreibung mit folgender Beispielrechnung deutlich: Bei 400.000 Euro Investitionskosten sind es im ersten Jahr 24.000 Euro (6 % von 400.000), im zweiten Jahr 22.560 Euro (400.000 Euro abzüglich der 24.000 Euro vom ersten Jahr = 376.000 Euro Restwert).
Als Begründung für die Einführung einer zusätzlichen degressiven Abschreibung nennt das Bundesbauministerium den beschleunigten Wertverlust moderner Immobilien. Die degressive AfA bilde den Wertverzehr von Wohngebäuden besser ab. Denn in neuen Gebäuden verbaute Technik werde oft innerhalb von wenigen Jahren durch neue Entwicklungen überholt. Dadurch verlören Gebäude zu Anfang schneller an Wert. Die degressive Abschreibung fördere die schnellere Refinanzierung von Bauinvestitionen.
Bau- und Immobilienwirtschaft begrüßt den Schritt …
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte Anfang August erklärt, dass ihr Ministerium eine verbesserte steuerliche Abschreibung zum Bestandteil des Wachstumschancengesetzes machen wolle, das federführend vom Bundesfinanzministerium formuliert wurde. Schon zum damaligen Zeitpunkt begrüßten Interessenvertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft den Vorschlag der Ministerin, sahen darin aber nur eine von mehreren notwendigen Maßnahmen zur Belebung des Wohnungsbaus, der durch Zinserhöhungen und drastisch gestiegene Baukosten komplett in sich zusammenzufallen droht.
So erklärte der Bundesvorsitzende der Industriegewerkschaft BAU, Robert Feiger, die Verbesserung der steuerlichen Abschreibungen würde dem Wohnungsbau im Marktsegment der renditeorientierten Unternehmen „einen gewaltigen Push“ geben. Allerdings hätten die Akteure, die die Säulen des sozialen und bezahlbaren Wohnungsbaus bildeten, so gut wie nichts von dem Vorstoß der Ministerin. „Es muss jetzt dringend etwas für die kommunalen, genossenschaftlichen und kirchlichen Wohnungsunternehmen passieren“, so der IG BAU-Chef.
… hält ihn aber nicht für ausreichend
GdW-Präsident Axel Gedaschko wies darauf hin, dass für viele Wohnungsunternehmen steuerliche Erleichterungen keine Option seien, da ihnen weiterhin die Liquidität für Investitionen fehle oder sie die vom Bundesbauministerium in Aussicht gestellten Abschreibungen nicht nutzen könnten. Für diese Unternehmen müsste eine gleichwertige Investitionszulagenregelung ermöglicht werden. Gedaschko weiter: „Darüber hinaus fordern wir die Einführung einer speziellen Sonderabschreibung für Unternehmen, die Mietbegrenzungen garantieren und so bezahlbaren Wohnraum anbieten.“
Nach dem Kabinettsbeschluss von Schloss Merseburg sieht der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) eine seiner wichtigsten Forderungen erfüllt. Es würden spürbare steuerliche Erleichterungen in den ersten Jahren nach der Investition erreicht, so ZIA-Präsident Andreas Mattner. Der nächste Schritt der Bundesregierung müsse ein umfangreiches KfW-Kreditprogramm mit Zinsen von maximal zwei Prozent sein. Auch von Seiten der Länder und Kommunen müsse es nun Entlastungen geben. „Sowohl die Grunderwerbsteuer wie auch kommunale Abschöpfungsmodelle müssen für zwei Jahre ausgesetzt werden, sonst reicht der Kraftakt nicht“, mahnt der ZIA-Präsident.
Auch aus Sicht des BFW und des Eigentümerverbandes Haus & Grund stellt die verbesserte Abschreibungsmöglichkeit zwar einen wichtigen, aber allein nicht ausreichenden Schritt zur Belebung der Bautätigkeit dar. BFW-Präsident Dirk Salewski erinnert daran, dass Bauen und Wohnen noch nie so teuer waren wir heute. „Deswegen müssen wir grundsätzlich die Kosten senken, indem wir Bau-Standards nicht immer weiter erhöhen.“ Die Erwerbsnebenkosten müssten gesenkt werden und die Branche benötige klare Finanzierungs- und Förderbedingungen.
Haus & Grund Verbandspräsident Kai Warnecke bezeichnete es als unerlässlich, die Grunderwerbsteuer spürbar zu senken. Diese Senkung dürfe dabei nicht nur für selbstnutzende Eigentümer gelten, sondern müsse auch vermietende Eigentümer umfassen.
Nach Einschätzung des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie befindet sich der Wohnungsbau „im freien Fall“. Der Verband verweist auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, das für das erste Halbjahr 2023 im Wohnungsbau einen Einbruch der Auftragseingänge von real 29 Prozent gemeldet habe. Die Abschwächung am Wohnungsbaumarkt dürfte in der zweiten Jahreshälfte in die Verlängerung gehen. Schließlich hätten im Rahmen des ifo Konjunkturtests im Juli bereits 40 Prozent der Befragten über einen Auftragsmangel geklagt.