„So lässt sich nicht eine Kilowattstunde sparen“
Für das Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter sieht die Verordnung diese Maßnahmen vor:
- Schon zum 1. September werden in Mietverträgen Klauseln ausgesetzt, die Mieter dazu verpflichten, eine bestimmte Mindesttemperatur in den von Ihnen genutzten Räumen einzuhalten. Das freiwillige Einsparen von Heizenergie wird auf diese Weise „legalisiert“. Grund für eine derartige Klausel in Wohnungs- und Gewerbemietverträgen kann zum Beispiel die Verhinderung der Schimmelbildung sein. Daher heißt es in der Verordnung der Bundesregierung: „Eine Schädigung von Gebäuden soll in der Regel durch entsprechendes Lüftungsverhalten verhindert werden.“
- Vermieter sind verpflichtet, ihre Mieter über Ihren Energieverbrauch und die Energiekosten zu informieren. Sofern es zu weiteren Preissteigerungen bei der Wärmeenergie kommt, sind diese Informationen jeweils zu wiederholen (ab zehn Wohneinheiten).
- Ab 1. Oktober gilt für alle Eigentümer die Pflicht, Gasheizungen innerhalb von 24 Monaten prüfen zu lassen. Ferner wird der hydraulische Abgleich „in großen Gebäuden mit zentraler Wärmeversorgung“ zur Pflicht. Diesen Prüfungspflichten muss der Bundesrat noch zustimmen.
Bundesregierung erhofft sich zwei Prozent Gaseinsparung
So massiv diese Eingriffe aus Sicht von Wohnungsunternehmen sind, so bescheiden formuliert die Bundesregierung die Einsparwirkung dieser Verordnung: Nach ersten Schätzungen lasse sich der Gasverbrauch mit diesen Maßnahmen um etwa zwei Prozent senken.
In der Ampelkoalition selbst regt sich Kritik an der Verordnung. Nach Ansicht des bau- und wohnungspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Daniel Föst, sei es fraglich, ob Millionen von Heizungen binnen kürzester Zeit optimiert werden können. Sinnvoll wäre es, so der Vorschlag von Föst, die Abschlagszahlungen für Energie bereits unterjährig anpassen zu können und nicht erst nach der Abrechnung. Zudem sollte der Einbau smarter Thermostate vollständig steuerlich abzugsfähig gemacht werden.
Forderung nach gesetzlicher Mindesttemperatur
BFW-Präsident Dirk Salewski kritisiert, die Verordnung werde bei Eigentümern Aufwand und Kosten produzieren, „ohne dass dies auch nur eine Kilowattstunde einspart“. Salewski, der die Interessen der privaten Projektentwickler vertritt, vermisst die rechtssichere Grundlage, auf der Vermieter die Raumtemperatur zentral für ganze Gebäude um einige Grad absenken dürfen. „Hier verweigert sich die Bundesregierung einer effizienten und zumutbaren Einsparmöglichkeit“, kritisierte der BFW-Präsident.
Der Eigentümerverband Haus & Grund vermisst die Möglichkeit, im Oktober eine unterjährige Vorauszahlungsanpassung zuzulassen, „damit Mieter nicht in die Schuldenfalle tappen“, so Verbandspräsident Kai Warnecke. Für die Heizungschecks und den hydraulischen Abgleich fehlten schlicht die nötigen Fachkräfte und Geräte. Der Verband bezweifelt daher, dass die vorgesehenen Verpflichtungen fristgerecht bis zum Herbst 2024 umgesetzt werden können.
Der Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Andreas Mattner, kritisiert die Energiesparverordnung als „Schnellschuss“ der Bundesregierung. Die extrem steigenden Kosten sowie drohende Versorgungsaufälle erzeugten auf alle Eigentümer einen hohen Druck zum Energieeinsparen. Daher sei die Verordnung überflüssig und funktioniere nicht. „Mehr Aufklärung für Mieter, etwa in gemeinsamen Kampagnen statt Bevormundung, wäre der bessere Weg gewesen als umfangreiche Informationspflichten einzuführen, die Kapazitäten an anderer Stelle abziehen“, so Andreas Mattner.
GdW warnt im Bauministerium vor Insolvenzen
Auch der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW schließt sich der Kritik an, dass die Verordnung bürokratische und finanzielle Belastungen ohne Einsparwirkung bringe. Im Übrigen treibt den GdW die Sorge um, Wohnungsunternehmen könnten durch die enorm gestiegenen Energiekosten, die in Vorkasse beglichen werden müssen, in die Insolvenz getrieben werden. Wie die Immobilien Zeitung online berichtet, ist GdW-Präsident Axel Gedaschko gemeinsam mit ZIA-Präsident Andreas Mattner und dem Mieterbund-Vorsitzenden Lukas Siebenkotten im Bundesministerium für Bauen und Wohnen vorstellig geworden, um die Gefahr der Insolvenzen und des finanziellen Ruins von Mieterhaushalten deutlich zu machen.
Aus der jüngsten Umfrage schließt GdW-Präsident Gedaschko, dass 38 Prozent der Wohnungsunternehmen die Gaspreissteigerungen nicht aus eigener Liquidität bewältigen könnten und daher staatliche Hilfe bräuchten. Existenzbedrohend könne die Situation für 22 Prozent der sozial orientierten Wohnungsunternehmen in ganz Deutschland werden. In einigen Regionen Deutschlands werde mit Heizkostensteigerungen von 200 bis 300 Prozent gerechnet. Wohnungsunternehmen sowie ihre Mieter im ländlichen Raum träfen die Preissprünge besonders hart. Für eine Durchschnittswohnung mit 60 Quadratmetern müssten die Wohnungsunternehmen jetzt schon mit teilweise über 1.600 Euro voraussichtlicher Jahreskosten bei den Energieversorgern in Vorleistung gehen.
In Wolfen in Sachsen-Anhalt beispielsweise sei die Lage absehbar so ernst, dass zu der dort sehr niedrigen Kaltmiete bei einer Wohnungsgenossenschaft von monatlich unter 300 Euro für 60 Quadratmeter monatliche Nebenkosten allein für Heizung und Warmwasser in Höhe von fast 750 Euro hinzukämen.
Die Vorschläge des GdW
Axel Gedaschko fordert in dieser Situation staatliche Bürgschaften für die in ihrer Existenz bedrohten Wohnungsunternehmen.
Um Mieterhaushalte vor dem „finanziellen Ruin“ zu bewahren, sollte es eine pauschalierte und sozial gestaffelte Energiehilfe für einkommensschwächere Haushalte geben.
Sollte die Entlastung der Mieter im Zuge der angekündigten Wohngeldreform geschehen, müsse der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet und das entsprechende Verfahren bis zur Auszahlung massiv vereinfacht und beschleunigt werden.
Die ab Oktober vorgesehene Gasumlage zur Rettung der Gasimporteure sollte zeitliche und in der Höhe gestreckt werden, sodass die monatliche Belastung deutlich sinkt. (Red.)