„Wer jetzt Wohnungen baut, geht bankrott“
Das Gutachten belege „finstere Perspektiven für alle, die in Deutschland Wohnraum schaffen wollen oder verzweifelt eine Wohnung suchen". „Eine schwarze Null bei Wohnungsneuentwicklungen würde man erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro erzielen, das ist nicht möglich. Wer also baut, geht bankrott“, kommentierte Mattner die Ergebnisse der Wirtschaftsweisen vor der Hauptstadtpresse. Die Stornierungswelle im Wohnungsbau habe einen Höchststand erreicht, 20,7 Prozent der Unternehmen hätten Projekte gestoppt. Der an der Formulierung des Frühjahrsgutachtens beteiligte Volkswirt Prof. Lars P. Feld beschrieb noch einmal die inzwischen bekannten Ursachen des Konjunktureinbruchs. „Aufgrund erhöhter Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten, ausgelöst durch das höhere Zinsniveau, sind viele Bauvorhaben nicht mehr rentabel und werden zurückgezogen." Die Stornierungswelle könne sich „weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften".
Kreditvolumen für Wohnungsbau hat sich halbiert
Nach ZIA-Berechnungen werden in diesem Jahr 600.000 Wohnungen fehlen, 2027 dann sogar 830.000. Die Baugenehmigungen seien 2023 das zweite Jahr in Folge auf vermutlich knapp 270.000 Wohnungen gefallen. Im Vergleich zum Jahr 2021, dem Höhepunkt des vorigen Bauzyklus, entspreche dies einem Rückgang von 30 Prozent. Den Wohnimmobilienmarkt analysiert im Rahmen des Gutachtens Prof. Harald Simons von empirica. Seinen Berechnungen zufolge hat sich das Kreditvolumen für den Wohnungsneubau sogar halbiert. In diesem Jahr ist aus Sicht des empirica-Experten mit einem weiteren Rückgang der Genehmigungen zu rechnen.
Was kann in der Krise helfen?
ZIA-Präsident Mattner und die Wissenschaftler wiederholten ihre Forderungen nach einer stärkeren staatlichen Förderung von Wohnungsbau und Sanierungsmaßnahmen, die Senkung der Grunderwerbssteuer durch die Bundesländer sowie den Abbau bürokratischer Regularien.
Ausdrücklich begrüßt der Zentrale Immobilien Ausschuss das neue Programm klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment (KNN), für das die Bundesbauministerin in diesem Jahr eine Milliarde Euro bereitstellt. Allerdings dringt der ZIA auf größere finanzielle Schritte. Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf zwei Prozent reduziert, brächte bei einer Fördersumme von drei Milliarden Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen. Neun Milliarden Euro vom Staat brächten mit 300.000 Extra-Wohnungen die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt. Nach ZIA-Berechnungen kostet das Programm in zehn Jahren für 100.000 Wohnungen zunächst insgesamt drei Milliarden Euro. Es kämen aber 3,3 Milliarden Euro durch Umsatzsteuer und eine Milliarde durch ersparte Transferkosten für Arbeitslosigkeit wieder rein. Und in der Zeit gäbe es zudem knapp eine Milliarde Euro an Grundsteuern.
Billiger Diesel für Landwirte contra Neubau-AfA
Einen starken konjunkturellen Impuls würde nach Ansicht des ZIA ebenfalls die von Bundesregierung und Bundestag gewünschte Sonder-AfA für die Bauwirtschaft setzen. Diese zeitlich befristete steuerliche Erleichterung ist Teil des Wachstumschancengesetzes, das derzeit von den Unions-geführten Ländern im Bundesrat blockiert wird. ZIA und Wirtschaftsweise traten einen Tag vor der möglicherweise entscheidenden Sitzung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat vor die Presse. ZIA-Präsident Mattner appellierte an die Ausschussmitglieder: „Die Lage ist zu ernst für politische Spielchen.“ Es brauche die steuerlichen Anreize für die Immobilienwirtschaft, wie sie im Wachstumschancengesetz vorgesehen sind. „Diese Frage mit Entlastungen beim Agrardiesel zu verknüpfen, ist unangebracht.“ Aber genau diese Bedingung haben die Mitglieder von CDU und CSU am folgenden Tag im Vermittlungsausschuss erneut für ihre Zustimmung zum Wachstumschancengesetz gestellt. Jetzt geht die Hängepartie weiter bis mindestens 22. März. Dann kommt der Bundesrat zu seiner nächsten Sitzung zusammen. (Red.)