Wohnungsbau hält sich auf geringem Vorjahresniveau
Wohnungsbaupolitik ist auch Sozialpolitik
Die aktuelle Neubau-Statistik macht klar: Die Marke von 400.000 neu gebauten Wohnungen pro Jahr ist weit weg. Im vergangenen Jahr sind viele Wohnungen, die geplant oder schon im Bau waren, noch fertiggestellt worden. Das wird sich in diesem Jahr ändern: in 2023 ein regelrechtes Abrutschen der Neubauzahlen geben. Notwendig sei deshalb ein Weckschrei an die Politik.
Die nicht gebauten Wohnungen sind ein Gradmesser dafür, wie es um den sozialen Frieden steht. Denn Wohnungsbaupolitik ist auch Sozialpolitik. Neue Wohnungen sind aktuell die „Stützpfeiler der Demokratie aus Stein, Beton oder Holz“. Zement und Schrauben sind die Baustoffe, die Deutschland sozial zusammenhalten. Das müsse sich vor allem die Ampel-Koalition in Berlin jeden Tag aufs Neue vor Augen halten.
Neubauzahlen könnten unter die Marke von 250.000 rutschen
Die Prognose der Branche ist fatal: Ohne politisches Eingreifen steht Deutschland schon ab dem kommenden Jahr eine scharfe Rezession im Wohnungsbau bevor. In 2024 droht die Zahl der Baufertigstellungen unter die 200.000er-Marke abzustürzen.
Die Neubaubilanz, deren Zahlen seit heute auf dem Tisch liegen, und die dramatischen Rückgänge bei den Baugenehmigungen, die aktuell registriert werden, sind ein Last Call an die Politik. Der Staat müsse ein Milliarden-Paket für den Wohnungsbau packen – vor allem für den sozialen und für den bezahlbaren Wohnungsbau.
Der Staat muss seine Fördergelder für den Wohnungsbau „massiv aufstocken“. Konkret bis 2025 – also bis zum Ende dieser Legislaturperiode:
- 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau – als Sondervermögen. Nur dann kann es noch klappen, 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr zu bauen.
- 22 Milliarden Euro für den bezahlbaren Wohnungsbau. Dabei geht es um 60.000 Wohnungen pro Jahr, bei denen die Kaltmiete zwischen 8,50 und 12,50 Euro pro Quadratmeter liegt.
Für mehr Sozialwohnungen und für mehr bezahlbare Wohnungen muss der Staat – müssen Bund und Länder – bis 2025 also 72 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Den Absturz beim Wohnungsbau – dieses Risiko dürfe Bundesfinanzminister Lindner nicht eingehen.
Abbau von unnötigen Auflagen und Vorschriften
Entscheidend sei außerdem das Tempo beim Abbau von unnötigen Auflagen und Vorschriften – also das Durchforsten von Gesetzen, Verordnungen und Normen, auf das die Branche seit Jahren wartet: Das muss jetzt passieren – und nicht irgendwann im nächsten Jahr.
Es geht jetzt darum, den „Gau am Bau“ noch zu verhindern.
Bauüberhang bei Wohnungen
Destatis legt heute – neben den Baufertigstellungen – noch eine weitere wichtige Zahl vor: den Bauüberhang von 884.800 Wohnungen. Die sind zwar genehmigt, aber noch nicht fertig gebaut. Darin kann im Moment also keiner wohnen. Wichtig ist: 48 Prozent (nämlich 421.900 Wohnungen) davon stehen nur auf dem Papier – sind also nur geplant. Hier hat es noch keinen Baustart gegeben. Und diese Bauvorhaben werden gerade reihenweise auf Eis gelegt: Die Bauprojekte sterben.
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt schlägt ein Sonderprogramm vor, das verhindert, dass genehmigte Bauprojekte nicht in der Schublade verschwinden. Ziel dieser „Wohnungsbau-Soforthilfe“ muss es sein, einen Switch zu machen: Aus geplanten Wohnungen, die auf dem Markt keine Chance auf Realisierung mehr haben, müssen Sozialwohnungen und bezahlbare Wohnungen werden – und zwar mit der notwendigen staatlichen Unterstützung. Dazu ist ein Förderpaket mit Zuschüssen und günstigen Krediten notwendig. Auch Umplanungen muss der Staat dabei unterstützen. Wichtig sind auch hier deutliche Abstriche bei Auflagen, um das Bauen günstiger zu machen.
Quelle: Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt