Trend: Baustoffe der Zukunft

Enormer Wohnungsmangel, ausufernde Baukosten, zunehmender Umweltschutz, undurchsichtige Bürokratie und lange Bauzeiten beherrschen das Thema Immobilien. Es müssen Möglichkeiten gefunden werden, um die nicht enden wollenden Probleme zu lösen. Dabei spielen Baustoffe eine bedeutende Rolle.

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Neptunkugeln (Seegras des Mittelmeeres) (Foto: Pixabay)
Neptunkugeln (Seegras des Mittelmeeres) (Foto: Pixabay)

Holz als nachwachsender Rohstoff mit ausgezeichneter CO2-Bilanz

Holz gilt als nachwachsender Rohstoff und damit als umweltfreundlich. Wer auf Ökonomie und Ökologie setzt, der baut derzeit aus Holz bzw. Holzhybridbauweise. Das ist vergleichsweise kostengünstig, die Bauzeit verkürzt sich durch die vorgefertigten Bauteile, die vor Ort nur noch zusammengesetzt werden müssen und erfüllt gleichzeitig den Aspekt der Nachhaltigkeit.

Schweden macht es vor, in Deutschland entstehen immer mehr Projekte in modularer Holzbauweise. In Heilbronn hat man mit Skaio eines der größten Mehrfamilienhäuser verwirklicht. Die CO2-Bilanz solcher Quartiere gilt als herausragend, was in der aktuellen politischen Diskussion im Zuge der Fridays-for-Future-Bewegung als bestes Argument gelten dürfte. Viele „Holzbauten“ wurden bereits prämiert, so dass Baustoffe wie Fichte, Lärche oder Tanne künftig immer öfter zum Einsatz kommen werden.

Lehm: Zurück in die Zukunft

Ökologisches und ökonomisches Bauen funktioniert – neben Holz – auch mit Lehm hervorragend. Lehm entsteht als Mischung aus Ton, Sand, Kies, sowie Schluff (Feinsand).

Seit Jahrtausenden wird Lehm zum Bauen von Gebäuden genutzt, denn er speichert Wärme und wirkt regulierend die Luftfeuchtigkeit sowie die Feuchtigkeit angrenzender Materialien. Lehm besitzt außerdem eine schall- und brandhemmende Wirkung. Der Naturbaustoff unterstützt ein gesundes Wohnklima.

Erste Aufzeichnungen über Häuser aus Lehm sind tausende Jahr alt. Auch in Deutschland kam Lehm lange zum Einsatz, wurde jedoch zunehmend von modernen Baustoffen verdrängt.

Lehm unterscheidet sich in seiner Beschaffenheit und wird daher auch unterschiedlich verwendet:

  • Lehmziegel – entweder für den Massivbau oder in Verbindung mit einem Holzgestell – kommen dem Hausbau mit herkömmlichen Ziegeln am nächsten. Es besteht die Wahl zwischen gebrannten oder getrockneten Ziegeln, den sogenannten „Grünlingen“. Lehmziegel werden meist in Verbindung mit mineralischen oder pflanzlichen Zusätzen wie Stroh, Holz oder feinen Steinchen angeboten, da die Zusatzstoffe die Wärmedämmung erhöhen.
  • Lockerer Lehm wird mit natürlichen Zusatzstoffen vermischt, die auf ein mit Weide verwebtes Holzgestell verteilt werden und dann austrocknen.
  • Lehmbauplatten lassen sich zur werden zur Beplankung von Innenwänden, Holzständerwerken für Trennwände, Trockenbaukonstruktionen, Vorsatzschalen, abgehängte Decken und den Dachgeschoßausbau verwenden.
  • Stampflehm gilt als die komplexeste Form des Lehmbaus. Dabei wird der Lehm in ein Holzgestell gegeben, gründlich platt gestampft und getrocknet.
  • Lehmputz kann an Innenwänden und Decken auf einem Untergrund wie Ziegel, Porenbeton, Kalksandstein, Holzuntergründen, Lehmsteinen und Trocken- oder Lehmbauplatten aufgebracht werden.
  • Lehmfarbe ist ein beliebter Anstrich zur individuellen Gestaltung von Innenräumen. Die ökologische Naturfarbe eignet sich zur Verwendung auf allen trockenen, fettfreien und saugfähigen Untergründen wie Tapeten, Putze und andere mineralische Flächen, Malervlies, Beton sowie Holz.

Mit zunehmendem ökologischem Denken rückt Lehm als Baustoff künftig wieder in den Fokus, muss jedoch aufgrund seiner Beschaffenheit und zum Schutz vor Nässe mit anderen Baustoffen kombiniert werden.

Prototyp Lehmhaus: Nach dem Entwurf des Baseler Büros Stern Zürn Architekten wird im Laufe des Jahres 2019 in der Stadt Meißen ein zweigeschossiges Einfamilienhaus errichtet. Es kombiniert 24 cm starke tragende Lehmwände mit Geschossdecken aus Stahlbeton. (Artikel bei Baunetzwissen.de)

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Seegras: Dämmung aus dem Meer

Abgestorbenes Seegras, das nicht verrottet, findet man an den Stränden der Ostsee und des Mittelmeeres. Die Herkunft verleiht dem Meereslaub die Eigenschaft, auf natürliche Weise sehr gut mit Feuchtigkeit umzugehen. Dank der natürlichen Zusammensetzung ist Seegras resistent gegen Fäulnis, Pilze und Schädlinge. Der hohe Silikat- und der natürliche Salzgehalt verleihen dem Material ohne chemische Zusätze die Brandschutzklasse B2. Der Salzgehalt ist jedoch nicht hoch genug, um Feuchtigkeit anzuziehen.

Seegras wird als Dämmstoff verwendet, der im Sommer außerdem gegen Hitze schützt. Aufgrund der Herkunft unterscheidet man zwei Arten der Seegrasdämmung.

Seegras aus dem Mittelmeer:
Etwa zwei bis zehn Zentimeter große filzartige Bälle (Neptunkugeln) stammen vom dort wachsenden Seegras Posidonia oceanica. Die Wellen des Meeres formen die abgestorbenen Reste von Blattrippen und Blattscheiden zu kleinen Kugeln und spülen sie ans Ufer. Im Rüttelverfahren befreit man sie vom Sand und Kleinstfasern. Anschließend wird das Material gehäckselt. Entstanden ist Seegras-Dämmwolle, die durch Schütten, Stopfen oder einblasen eingebracht werden kann. Man verwendet die Wolle zur Dämmung von Decken, Hohlräumen bei der Dach- und Fassadensanierung als Innen- und Außendämmung. Aus Neptunkugeln gewonnene Seegras-Dämmwolle glimmt nicht.

Nach der letzten Europarechtsreform hat auch das Widerrufsrecht des Mieters mehr an Bedeutung gewonnen, beispielsweise bei dem Abschluss eines Mietvertrages über eine zuvor nicht besichtigte Wohnung. Wird der Mieter in den einschlägigen Fällen nicht oder nicht...

Seegras aus der Ostsee:

In Norddeutschland wurde bereits in den 1950er-Jahren mit Seegras (Zostera marina) gedämmt. Man setzte das Material in Matratzen ein und stellte Matten aus Seegras her. In den Dämmeigenschaften ähneln sich Neptunkugel und Ostseegras, in der Verarbeitung unterscheiden sie sich jedoch. Beim Ostseegras werden nicht nur Blattrippen und Blattscheiden angespült, sondern die gesamte Pflanze, die auch kleine Kugeln bildet. Nach der Ernte an der Ostseeküste wird das Gras getrocknet und anschließend zu Ballen gerollt auf die Baustelle geliefert. Man spricht aufgrund der Weiterverarbeitung, die dem Umgang mit Heu ähnelt, auch von Seeheu. Es lässt sich von Hand in jeden Winkel stopfen und ist vor allem für Eigenleister bei der Sanierung interessant.

Bislang verwendet man Seegras aus Ostsee und Mittelmeer als lose Schüttung bzw. Stopfmaterial. Feste Dämmplatten oder Trittschalldämpfungen befinden sich noch in der Entwicklung. Stopfen und Schütten gilt als energiesparendste Methode, um Dämmmaterial einzubringen. Gelingt die Dämmung nicht vollständig durch Schütten oder Stopfen, kann das Seegras eingeblasen werden. Der Energieaufwand ist jedoch höher, aber immer noch geringer als bei der Herstellung von Dämmmatten.

Bambus: Extrem stabil

Bambus zählt zu den am schnellsten wachsenden Pflanzen auf der Erde und wir vor allem in Asien bereits intensiv in der Braubranche als Baugerüste eingesetzt. Er gilt als sehr nachhaltig und wird auch in Europa immer beliebter. Lange Lieferwege sprechen zwar gegen die Nachhaltigkeit, aber das extrem schnelle Wachstum des Bambus gleicht das wieder aus. Einige Bambusarten wachsen sogar bis zu drei Meter innerhalb von 24 Stunden. Der Stamm – der Bambushalm – kann bis zu 35 Meter hoch werden. Die Blätter und Zweigen sind für die Baustoffindustrie nicht nutzbar.

Das Material ist sehr hart und stabil und verfügt über eine hohe Zug-, Druck- und Biegefestigkeit. Bambus spielt vor allem in der Raum- und Gebäudeausstattung sowie im Garten- und Landschaftsbau eine Rolle. Parkettböden, Terrassen oder Fassadendielen, Furniere oder Innentüren sind beliebte Produkte aus Bambus.

Die Meinungen über die Verwendung des Materials im Außenbereich gehen jedoch auseinander. Zwar besitzt Bambus ein geringes Quell- und Schwindverhalten, aber zumindest in unseren nasskalten Breitengraden haben sich in der Vergangenheit viele Terrassen- und Fassadendielen oder auch Gartenmöbel aus Bambus als wenig witterungsbeständig und anfällig gegenüber Mikroorganismen erwiesen. Nur mit speziellen Lacken und Lasuren behandelte Bambus-Wertstoffe sind uneingeschränkt für den Outdoor-Bereich zu empfehlen. Bisher muss man in Deutschland nach dem Baustoff jedoch suchen. Wer mit Bambus sein Haus schmückt, wird in jedem Fall bewundernde Blick ernten, denn Bambus verleiht jedem Wohnraum etwas Exotisches.

Gläserne PV-Zellen und weitere Technik

Moderne Gebäude werden künftig nicht nur mit immer CO2-neutraleren und klimafreundlichen Baustoffen ausgestattet. Weitere Techniken erhöhen die Lebensqualität der Bewohner und zeigen, wie man künftig den ökologischen Fußabdruck verbessert und gleichzeitig die Kosten senkt. Gläserne und transparente Photovoltaik-Zellen ersetzen zum Beispiel konventionelle Fenster, ohne den Ausblick zu versperren.

Mit innovativer Haustechnik kann gewonnene Wärmeenergie aus dem Abwasser von Bädern, Spül- und Waschmaschinen zurückgeführt und nutzbar gemacht werden. Moderne Energietechnologien machen aus Büro- und Wohngebäuden kleine Kraftwerke. Unternehmen auf Basis der Blockchain-Technologie spenden überschüssigen Strom an soziale Einrichtungen.

„Building Material Scout“ heißt eine Plattform, die grüne Bauprodukte in ihrer Datenbank listet. "Kreislauffähige, nachhaltige und gesunde Gebäude sind heute gefragter denn je und werden auch die Zukunft des Baus bestimmen. Building Material Scout unterstützt Bauherren, Architekten und Planer dabei und trägt verdient den Titel 'Best Practice-Innovation'", erklärt Peter Mösle, Partner der Drees & Sommer SE und Geschäftsführer der Building Material Scout GmbH den Grundgedanken der Datenbank.

Die Zukunft der Baubranche wird immer ökologischer, ökonomischer und digitaler. Wer in diese Technologien investiert, investiert in die Zukunft.

Quelle: Onlineredaktion HUSS-Medien GmbH

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Empfehlung für die Dämmung des Hausdaches
Baustoffe der Zukunft
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IVV-Fachartikel: Gebt endlich den Hanf frei! Lowtech und energieeffizientes Bauen
Urban Mining – die Stadt als Rohstoffmine

 

Redaktion (allg.)

Pixabay/ Mohamed_hassan

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