Branchen-Bündnis fordert ein konsequentes Umsteuern der Wohnungsbaupolitik
Unterstützer des Bündnisses sind u.a. die Immobilienverbände GdW, BFW, ivd, Haus & Grund, der Deutsche Mieterbund und zahlreiche Bau- und Baustoff-Unternehmen.
Das Branchen-Bündnis spricht von einer „Talfahrt, die gerade gefährlich an Tempo zulegt“. Es fordert deshalb ein schnelles, konsequentes und effektives Umsteuern der Wohnungsbaupolitik von Bund und Ländern. Hierzu legt das Bündnis heute ein Positionspapier als „6-Punkte-Notplan für den Wohnungsbau“ vor.
Weniger als 1,1 Millionen Sozialwohnungen deutschlandweit
Der Staat müsse deutlich mehr investieren und die Rahmenbedingungen für den Neu- und Umbau verbessern. So müsse das Baurecht erheblich schlanker werden. Darüber hinaus sei es notwendig, die Anreize für den Neubau und die Modernisierung über die bereits erfolgten Verbesserungen hinaus noch attraktiver zu machen.
Bundesweit gibt es weniger als 1,1 Millionen Sozialwohnungen – für das Wohnungsbau-Bündnis ein „alarmierender Zustand“. Für den sozialen Wohnungsbau müsse der Bund seine Förderung um ein Vielfaches aufstocken – und das rasch. Die Länder müssten hier bei der Finanzierung mitziehen. Ziel müsse es sein, in diesem Jahrzehnt 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen. Zusammen mit dem Ankauf von Belegungsrechten müsse es so gelingen, bundesweit wieder auf mindestens zwei Millionen Sozialwohnungen zu kommen.
Konkret bedeute dies eine neue und attraktivere Förderkulisse für den Neubau. Allein beim nachhaltigen und klimafreundlichen Wohnungsneubau sei angesichts steigender Kosten eine Verzehnfachung der Förderung notwendig: Die aus dem Klima- und Transformationsfonds für die Neubauförderung bereitgestellte Summe von 1,1 Milliarden Euro müsse auf mindestens 10 Milliarden Euro pro Jahr erhöht und um eine Sozialkomponente für bezahlbare Neubaumieten ergänzt werden. Nur so sei die Wende im Neubau zu schaffen.
Offensive für mehr Wohneigentum
Da häufig Eigenkapital fehle, spricht sich das Bündnis – wie im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehen – für eine rasche Bereitstellung von Darlehen des Bundes aus, die das fehlende Startkapital ersetzen sollen. Wer niedrige Einkommen hat, solle darüber hinaus einen Förderbonus des Staates bekommen. Nur so hätten weite Teile der Bevölkerung überhaupt eine Chance auf Wohneigentum. Wichtig sei auch, den Kauf von Altbauwohnungen und bestehenden Wohnhäusern zu fördern, wenn diese anschließend energetisch modernisiert würden.
Branche fordert einen „Sanierungs-Booster“
Um die energetische Sanierung voranzubringen, müsse der Staat seine Förderung deutlich verbessern. Die Zeit sei dabei ein wichtiger und drängender Faktor. Und es komme darauf an, die Modernisierungsrate deutlich zu erhöhen. So müssten die oft umfangreichen Energiespar-Sanierungen von Miethäusern deshalb deutlich besser unterstützt werden – ohne Mieterhaushalte zusätzlich zu belasten: Es sei wichtig, hier „Warmmieten-neutral“ vorzugehen. Darüber hinaus sei es notwendig, Familien und weniger einkommensstarke Haushalte mit selbstgenutztem Wohneigentum intensiver zu fördern.
Das Bündnis beklagt vor allem auch ein zu kompliziertes Baurecht, das das Bauen zudem unnötig teuer mache. Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse müssten deutlich schlanker und schneller werden. Notwendig dafür sei auch mehr Personal in den Behörden. Eine Experimentierklausel soll „schlankes Bauen“ möglich machen, so die Forderung der Branche. Gesetze, Normen und Standards sollten dabei flexibler ausgelegt werden können: Die Branche fordert mehr Beinfreiheit beim Bauen und weniger Kontrollzwang bei den Behörden. Als Beispiel nennt sie Abstriche beim Schallschutz.
Das Wohnungsbau-Positionspapier umfasst folgende Punkte:
1. Neubau-Förderkulisse attraktiv, effizient und technologieoffen gestalten
2. Geförderten Wohnungsbau schneller vorantreiben
3. Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums breiter ausgestalten
4. Impulse für energetische Modernisierungen verstärken – Sanierungs-Booster einführen
5. Baurecht entschlacken und bürokratische Fesseln lösen
6. Fachkräftebedarf nachhaltig sichern
Mehr Infos: www.impulse-fuer-den-wohnungsbau.de
Sinkflug der Baugenehmigungen im zweiten Halbjahr 2022
Am 10. März 2023 hatte das Statistische Bundesamt die Zahl der Baugenehmigungen für das Gesamtjahr 2022 veröffentlicht. Im vergangenen Jahr wurden nach vorläufigen Ergebnissen nur 354.400 Wohnungen und damit 6,9 Prozent weniger als noch 2021 genehmigt.
Gründe für den Absturz sind nach Einschätzung des Branchenverbandes GdW die historisch schlechten Baubedingungen: Material- und Fachkräftemangel, Preisexplosionen, Zinsanstieg und das staatlich verursachte Förderchaos, das seit Anfang 2022 herrscht. Bauwillige haben keinerlei Planungssicherheit mehr, wie sie die massiv steigenden Kosten auch infolge stark steigender Gebäudeanforderungen stemmen sollen. Neubauvorhaben werden deshalb reihenweise eingestellt. Das belegt der sich verschärfende Sinkflug der Baugenehmigungen im zweiten Halbjahr 2022, insbesondere bei Mehrfamilienhäusern. So wurden im Dezember 19,3 Prozent weniger Einheiten im Geschosswohnungsbau genehmigt als im Vorjahresmonat.
Dazu Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW:
"Die Regierung muss endlich handeln und bezahlbaren Wohnungsbau angemessen fördern. Denn in der aktuellen Krisensituation von extremen Kostensteigerungen hilft kurzfristig nur eine auskömmliche und verlässliche finanzielle Unterstützung, um bezahlbaren Wohnungsbau zu ermöglichen. Zusätzlich müssen innovative Technologien wie das serielle und modulare Bauen stärker unterstützt werden. Und von staatlicher Seite dürfen keine weiteren Auflagen erlassen werden, die das Bauen ohne erkennbaren tatsächlichen Nutzen weiter verteuern.
Die einbrechenden Neubauzahlen bedeuten leider, dass bezahlbares Wohnen in Deutschland auf absehbare Zeit Mangelware bleiben wird. Wenn nur etwas über 350.000 Wohnungen genehmigt werden, sind wir von dem Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich weit entfernt. Denn hinzu kommt, dass genehmigt noch lange nicht gebaut ist. Mittelfristig werden nur etwa 200.000 Wohnungen pro Jahr entstehen können, wenn sich nicht schnell etwas ändert."
Quelle: GdW
Martina Eisinger
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