Verfassungsrichter schicken Heizungsgesetz in die Sommerpause
Nach monatelangem Streit über die Ausgestaltung des sogenannten Heizungsgesetzes hatten die Koalitionsparteien der Ampelregierung sich auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der den Abgeordneten des Bundestages am Freitag, den 30. Juni, zugeleitet wurde. Das Papier ist eine 94-seitige Synopse des Gesetzentwurfs der Bundesregierung und der Änderungsvorschläge sowie ein 14-seitiger Begründungsteil. Die Abgeordneten hatten lediglich über das Wochenende Zeit, das Gesetzeswerk zu lesen, denn bereits am Montag, den 3. Juli, sollte im Ausschuss für Klimaschutz und Energie eine Anhörung stattfinden. „Mit parlamentarischer Demokratie hat das nichts mehr zu tun“, zitierte der Tagesspiegel den CDU-Abgeordneten Thomas Heilmann, der damit auf den Zeitdruck hinwies. Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zielte darauf ab, dem Deutschen Bundestag die zweite und dritte Lesung des Gesetzentwurfs vorläufig zu untersagen, solange nicht allen Abgeordneten die wesentlichen Textpassagen des Gesetzentwurfs mindestens 14 Tage vorher zugegangen sind.
„Mit parlamentarischer Demokratie hat das nichts zu tun“
Die Verfassungsrichter gaben dem Eilantrag mit fünf zu zwei Stimmen statt. In ihrer Abwägung kamen die Richter mehrheitlich zu der Auffassung, dass das Recht des Abgeordneten Heilmann „auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung“ höher zu gewichten sei, als der „Eingriff in die Verfahrensautonomie des Deutschen Bundestages, der die Umsetzung des Gesetzgebungsverfahrens lediglich verzögert“.
Nach dieser massiven Grätsche des obersten deutschen Gerichts einigten sich die Regierungsparteien SPD, Grüne und FDP schnell darauf, den Gesetzentwurf aus dem Klimaschutzministerium nach den Parlamentsferien im September vom Bundestag verabschieden zu lassen. Änderung solle es nicht mehr geben. Was steht im Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes, das die Verfassungsrichter in die Sommerpause geschickt haben und das in aller Ruhe von den Abgeordneten gelesen werden kann?
Wichtige Punkte im Entwurf des Heizungsgesetzes
Im Kern will das Gesetz, dass neue Gebäudeheizungen ab 1. Januar 2024 zu mindestens 65 Prozent mit regenerativen Energien arbeiten. Diese Verpflichtung gilt jedoch zunächst nur in Neubaugebieten.
Priorität hat die kommunale Wärmeplanung
Das GEG wird gekoppelt an die kommunale Wärmeplanung. Erst wenn diese besteht, wird das Heizungsgesetz wirksam. Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen die Planung für Fernwärmenetze 2026 vorlegen, kleinere Gemeinden erst ab 2028. Für Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohner ist keine Wärmeplanung vorgesehen. Ein entsprechendes Gesetz wird derzeit im Bundesbauministerium erarbeitet. Mit anderen Worten: Bis eine kommunale Wärmeplanung steht, können Immobilieneigentümer jede Art von Heizung einbauen lassen, selbst Gasheizungen, sofern diese auf Wasserstoff oder Biogas umrüstbar sind. Vor allem aber: Immobilieneigentümer können einfach abwarten und jede Investition in klimafreundliche Heizungstechnik zurückstellen.
Technologieoffenheit bei der Wahl der neuen Heizung
Für den Einbau neuer, klimaschonender Heizungen soll Technologieoffenheit gelten. Der Gesetzentwurf lässt folgende Möglichkeiten zu: Anschluss an ein Wärmenetz, elektrische Wärmepumpe, Stromdirektheizung, Hybridheizung (Kombination aus regenerativer Heizung mit Gas- oder Ölkessel), Heizung auf der Basis von Solarthermie. Außerdem gibt es unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit so genannter „H2-Ready“-Gasheizungen, also Heizungen, die auf 100 Prozent Wasserstoff umrüstbar sind. Für bestehende Gebäude sind weitere Optionen vorgesehen: Biomasseheizung (Holzschnitzel, Pellets), Gasheizung, die nachweislich erneuerbare Gase nutzt – mindestens zu 65 Prozent Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff.
Wer nach dem 1. Januar 2024 eine Gasheizung einbauen lassen will, soll vorher eine verpflichtende Energieberatung erhalten, in der etwa auf die zukünftigen Kostenbelastungen durch die steigende CO2-Steuer hingewiesen wird.
Die Fördersätze
An den Kosten privater Haushalte für den Einbau neuer Heizungen will sich der Staat mit bis zu 70 Prozent beteiligen. Unabhängig vom Einkommen soll es für selbstnutzende Eigentümer einen einheitlichen Fördersatz von 30 Prozent geben. Für Haushalt mit einem zu versteuernden Einkommen unter 40.000 Euro sind zusätzlich 30 Prozent „soziale Förderung“ vorgesehen. Und wer nicht auf die kommunale Wärmeplanung warten sondern zügig auf klimafreundliche Heiztechnik umrüsten will, soll außerdem einen „Geschwindigkeitsbonus“ in Höhe von 20 Prozent erhalten.
Grenzen für die Belastung von Mietern
Immobilieneigentümern soll es grundsätzlich möglich sein, ihre Mieter an den Kosten für die technische Transformation zu beteiligen – allerdings in engen Grenzen. Dazu wird eine zusätzliche Modernisierungsumlage in Höhe von zehn Prozent eingeführt. Die bisherige Umlage beträgt acht Prozent. Allerdings wird eine Kappungsgrenze von 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche eingeführt. Außerdem soll es eine Härtefallregelung geben für Mieter, deren Miete durch den Heizungstausch auf mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens steigt.
Enddatum für die Nutzung fossiler Brennstoffe in Heizungen ist der 31. Dezember 2044. Ab 2045 muss in allen Gebäuden klimaneutral mit ausschließlich Erneuerbaren Energien geheizt werden. Das Gesetz macht den Umstieg verbindlich.
Heute heizt Deutschland noch mit Gas und Öl
Nach Angaben der Bundesregierung wird noch in drei Vierteln der bestehenden Gebäude mit fossilen Heizungsanlagen geheizt. Dabei dominieren Erdgasheizungen. Mehr als 40 Prozent des Erdgasverbrauchs geht auf Heizung und Warmwasser zurück. Von rund 41 Millionen Haushalten heizen fast die Hälfte mit Erdgas und knapp ein Viertel mit Heizöl. Gut 14 Prozent bekommen Fernwärme. Dagegen machen Stromdirektheizungen und Wärmepumpen jeweils nicht einmal drei Prozent aus. Bei den neu installierten Heizungen betrug der Anteil von Gasheizungen im Jahr 2021 sogar 70 Prozent. (Red.)