Urteile deutscher Gerichte zum Thema Eigenbedarfskündigung
Urteile deutscher Gerichte zum Thema Eigenbedarf
Eine Eigenbedarfskündigung ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der Eigentümer zwar eine berechtigte Person vorweisen kann, diese aber offensichtlich nur als Platzhalter vorgeschoben wird. In einem Fall vor dem Bundesgerichtshof ging es um eine solche Konstellation. Die Mieter warfen dem Eigentümer vor, Verkaufsabsichten gehegt und seinen Neffen nur deswegen die Wohnung überlassen zu haben, um das Objekt später leichter verkaufen zu können. Der BGH konnte diese Argumente nachvollziehen.
BGH, Aktenzeichen VIII ZR 214/15
Eine ungewöhnliche Form des Eigenbedarfs liegt vor, wenn eine Trennung von Ehepartnern der Anlass dafür ist. Ein Mann – verheiratet, zwei Kinder – kündigte seinen Mietern mit der Begründung, er wolle wegen andauernder Beziehungsprobleme nunmehr seine eigene Wohnung beziehen. Das konnte er vor dem Landgericht Heidelberg mit einer Aussage der Noch-Ehefrau belegen. Diese bestätigte, das Zusammenleben sei „kaum mehr auszuhalten“. Zudem akzeptierte das Gericht das Argument des Eigentümers, dass ihm die vermietete Wohnung monatlich nur knapp 400 Miete einbringe, er selbst aber vergleichbaren Wohnraum nur für deutlich mehr Geld erhalten könne.
LG Heidelberg, Aktenzeichen 5 S 42/12
Der Schwager (die Schwägerin) des Eigentümers zählt nicht im eigentlichen Sinne zu der Gruppe von Angehörigen, die eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen. Darunter fallen nähere Angehörige wie Kinder, Eltern oder Geschwister. Doch wenn ein besonders enger Kontakt des Vermieters zu seinem Schwager besteht, dann kann nach Überzeugung des Bundesgerichtshofes ausnahmsweise ein Eigenbedarf geltend gemacht werden.
BGH, Aktenzeichen VIII ZR 247/08
Anbieten einer Alternativwohnung
Wenn der Eigentümer über eine weitere, im selben Haus oder derselben Anlage liegende Wohnung verfügt, die gerade leer steht, dann muss er diese dem wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieter anbieten. Grundsätzlich bestehe eine solche „Anbietpflicht“, entschied der Bundesgerichtshof. Das gelte zumindest dann, wenn bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist eine solche Wohnung frei werde. Genau das hatte der Eigentümer nicht getan und das Objekt stattdessen an eine andere Person vermietet. Das führte zur Unwirksamkeit der Eigenbedarfskündigung.
BGH, Aktenzeichen VIII ZR 311/02
Ein Eigentümer sollte sich zum Zeitpunkt der Vermietung gründlich überlegen, ob in absehbarer Zeit bei ihm vielleicht eine Selbstnutzung in Frage kommen könnte. Eine Eigenbedarfskündigung kann nämlich rechtsunwirksam sein, wenn sie allzu rasch auf den Vertragsabschluss folgt und sich der Anlass damals bereits abzeichnete. Der Bundesgerichtshof musste prüfen, ob das nach drei Jahren noch gegeben sein könnte. Das verneinten die Richter zwar, stellten damit aber auch klar, dass der problematische Zeitraum bei weniger als drei Jahren liegt.
BGH, Aktenzeichen VIII ZR 233/12
Härtegründe unbedingt beachten
Ein sehr hohes Lebensalter kann Mieter vor der Eigenbedarfskündigung schützen. So scheiterte ein Eigentümer in Berlin mit seinem Ansinnen, ein 87 und 84 Jahre altes Paar aus seiner Wohnung zu entfernen. Die Betroffenen verwiesen darauf, das sei ihnen wegen ihres Gesundheitszustandes, ihres hohen Alters und ihrer sozialen Verwurzelung in der Gegend nicht zuzumuten. Das Landgericht Berlin akzeptierte diese Härtegründe. Wenn der Vermieter nicht seinerseits besonders gewichtige Nachteile erleide, falls er das Objekt nicht beziehen könne, dann müsse er verzichten. Hier sei das nicht der Fall gewesen, er habe schließlich nicht einmal eine ganzjährige Nutzung beabsichtigt.
LG Berlin, Aktenzeichen 67 S 345/18
Ein Profifußballer, der im Ausland arbeitete, hatte den Wunsch, in seiner Freizeit (vor allem während der mehrmonatigen Winterpause) mit seiner Familie in einer ihm gehörenden Eigentumswohnung zu leben und sprach deswegen der Mieterin die Eigenbedarfskündigung aus. Diese hielt das Ansinnen für vorgeschoben und räumte die Wohnung nicht. Das Amtsgericht München vernahm die Ehefrau (Mutter eines kurz zuvor geborenen gemeinsamen Kindes) und kam zu der Überzeugung, dass hier tatsächlich eine nachvollziehbare Nutzungsabsicht vorliege.
AG München, Aktenzeichen 473 C 7411/714
Es ist durchaus möglich, dass ein Vermieter gegenüber dem Mieter von vorneherein darauf verzichtet, Eigenbedarf geltend zu machen. Dann sollte allerdings dieser Verzicht, wie der Mietvertrag selbst, unmissverständlich schriftlich niedergelegt sein. In jedem Falle, so beschied der Bundesgerichtshof , sei das bei einem Ausschluss des Kündigungsrechts für einen längeren Zeitraum als ein Jahr erforderlich.
BGH, Aktenzeichen VIII ZR 223/06
Manchmal schließen die Parteien im Zusammenhang mit einem Eigenbedarfsverfahren einen Vergleich. Was aber geschieht, wenn sich nach einem solchen Vergleich der ursprünglich genannte Kündigungsgrund als vorgetäuscht erweist? Dann kommt es laut Amtsgericht München darauf an, ob mit dem Vergleich ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt tatsächlich ein Schlussstrich gezogen werden sollte. War das beabsichtigt, dann scheiden spätere Schadenersatzansprüche des gekündigten Mieters aus.
AG München, Aktenzeichen 474 C 19752/11
Quelle: LBS Infodienst Recht und Steuern
Update, 22.05.2024
Der angespannte Wohnungsmarkt in Großstädten kann als Härtefall gelten und der Anmeldung von Eigenbedarf entgegen stehen
In Berlin kündigte eine Vermieterin ihrem Mieter mit der Begründung, sie wolle ihre Eigentumswohnung in Zukunft selber bewohnen. Ihr Lebensschwerpunkt hätte sich geändert. Der Mieter widersetzte sich der Kündigung. Seine Argumentation: er könne in der Hauptstadt zurzeit keine Wohnung mit ähnlichen Bedingungen finden. Deshalb sei die Kündigung des Mietverhätnisses eine unzumutbare Härte.
Die Eigentümerin der Wohnung und Vermieterin verklagte den Mieter. Das Amtsgericht Berlin-Mitte wies die Klage ab.
Das LG Berlin II wies die Räumungsklage der Vermieterin als unbegründet zurück und ordnete an, dass sie das Mietverhältnis für zwei Jahre fortsetzen muss.
LG Berlin II, Urteil v. 25.1.2024, 67 S 264/22
Die Entscheidung des Landgerichts Berlin unterstreicht die Bedeutung der Sozialklausel und hebt hervor, dass Gerichte dazu verpflichtet sind, die individuellen Umstände sowie die Wohnraumsituation auf dem örtlichen Markt eingehend zu prüfen.
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