Weichgespülte Wärmewende
Grundsätzlich gilt: Ab 1. Januar 2024 muss jede neu eingebaute Heizung mindestens 65 Prozent erneuerbare Energien nutzen. Allerdings wurden durch die intensive regierungsinterne Diskussion und massive Kritik aus Wirtschaft und Gesellschaft diverse Umrüstungsfristen und Ausnahmen in den Gesetzentwurf aufgenommen.
Update, 08./1.09.23: Peu à peu weg von Gas und Öl
Gibt es einen Zwang zum Austausch bestehender Öl- und Gasheizungen?
Eine Pflicht zum Einbau von regenerativ arbeitenden Heizungen soll es nur im Neubau geben. Bestehende fossile Heizungen können ohne jede Einschränkung bis 31. Dezember 2044 weiterbetrieben werden. Auch Reparaturen sind möglich. In den kommenden knapp zwanzig Jahren ist also der Heizungstausch durch Immobilieneigentümer freiwillig. Ausnahmen: Heizungsanlagen, die sich nicht mehr reparieren lassen, müssen gegen klimafreundliche Anlagen ausgetauscht werden. Ein Zwang zum Austausch entsteht auch für Anlagen, die länger als 30 Jahre in Betrieb sind (sofern es sich nicht um Brennwert- oder Niedertemperaturkessel handelt). Angesichts dieser Regelung sieht etwa der Immobilienverband Deutschland (IVD) „aktuell keinen Handlungsbedarf für Hauseigentümer, wenn die Heizung absehbar noch einige Jahre betriebsfähig ist“. Abwarten und Teetrinken ist also möglich.
Was bedeutet die Verzahnung des GEG mit der kommunalen Wärmeplanung?
Zeitgleich mit dem Gebäudeenergiegesetz soll Anfang 2024 ein Gesetz zur Wärmeplanung in Kraft treten. (Siehe Artikel auf Seite 26). Mit diesem Gesetz, das ebenfalls nach der parlamentarischen Sommerpause vom Bundestag verabschiedet wird, sollen alle Städte und Gemeinden in Deutschland verpflichtet werden, Pläne für die Nah- und Fernwärmeversorgung sowie für ein Wasserstoffversorgungsnetz auszuarbeiten. Vorliegen müssen diese Pläne in Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern bis 30. Juni 2026 und in kleineren Kommunen bis Mitte 2028. Projekte der kommunalen Fernwärmeversorgung genießen Vorrang vor den Investitionen von Immobilieneigentümern. Sie können abwarten, um sich später eventuell für einen Fernwärmeanschluss zu entscheiden und somit gegen den Betrieb einer eigenen klimafreundlichen Heizungsanlage.
Solange keine kommunale Wärmeplanung vorliegt, gelten beim Heizungstausch in Bestandsgebäuden die Regelungen des GEG noch nicht. Allerdings: In manchen Kommunen läuft die Wärmeplanung schon oder steht kurz vor dem Abschluss.
Das Bundeskabinett hat im August den Entwurf des Wirtschaftsplans 2024 für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) beschlossen. Zur Unterstützung der kommunalen Wärmeplanung werden aus dem KTF insgesamt 500 Millionen Euro bereitgestellt, so das Bundesbauministerium.
Welche Heizungstechniken sind in Zukunft erlaubt?
Der dem Parlament zur Abstimmung vorliegende Entwurf des GEG ist technologieoffen gestaltet. Die Vorgabe, die Wärmeversorgung mit mindestens 65 Prozent regenerativer Energie zu sichern, können Immobilienbetreiber je nach Objekt erfüllen mit: elektrischer Wärmepumpe, Hybridheizungen (Kombinationen aus fossiler Heizung und Wärmepumpe oder fossiler Heizung und Solarthermie), Stromdirektheizungen (z.B. Infrarotheizungen), Biomasse-Heizungen (Holz- oder Pelletheizungen), Gasheizungen, die nachweislich erneuerbare Gase nutzen (mindestens 65 Prozent Biomethan, biogenes Flüssiggas oder Wasserstoff) oder Anschluss an ein kommunales Wärmenetz.
Ist auch nach dem 1. Januar 2024 der Einbau einer Gasheizung möglich?
Öl- und Gasheizungen, die vor dem 19. April 2023 bestellt wurden, können bis zum 18. Oktober 2024 eingebaut werden. Auch nach dem Stichtag 1. Januar 2023 dürfen fossile Heizungen unter folgenden Bedingungen installiert werden:
Sofern neue Gasheizungen auch mit Wasserstoff oder Biogas betrieben werden bzw. Ölheizungen mit sogenannten e-Fuels arbeiten können, dürfen diese Anlagen installiert werden. Wird eine Öl- oder Gasheizung vor dem Vorliegen der kommunalen Wärmeplanung eingebaut, besteht die Pflicht zur Nutzung erneuerbarer Energien erst ab dem 1. Januar 2029. Der verpflichtende Mindestanteil an Biomasse im Brennstoff (Biogas, Biodiesel, e-Fuels) oder Wasserstoff beträgt dann zunächst 15 Prozent, ab 1. Januar 203530 Prozent und ab 1. Januar 2040 60 Prozent.
Immobilieneigentümer, die an fossiler Heiztechnik festhalten, sollen in einer Pflichtberatung auf mögliche Auswirkungen der kommunalen Wärmeplanung und mögliche „Kostenfallen“ aufgrund der ansteigenden CO2-Steuer hingewiesen werden.
Was gilt für WEG-Objekte mit Gasetagenheizungen?
Für den Austausch von Etagenheizungen in WEG-Objekte sollen nach dem Gesetzentwurf längere Übergangsfristen gelten. Ab dem Zeitpunkt, da eine Etagenheizung altersbedingt ausfällt oder aufgrund eines Schadens ausgetauscht werden muss, haben Eigentümer fünf Jahre Zeit für die Entscheidung, ob sie in Zukunft bei der dezentralen Wärmeversorgung bleiben wollen oder den Einbau einer Zentralheizung bevorzugen. Beide technischen Varianten müssen die 65-Prozent-Erneuerbare-Energie-Vorgabe erfüllen. Innerhalb dieser fünfjährigen Entscheidungsfrist dürfen noch herkömmliche fossile Heizungen eingebaut werden.
Sofern die Gemeinschaft sich für den Einbau einer Zentralheizung entscheidet, hat sie insgesamt 13 Jahre Zeit für die Umsetzung dieser Maßnahme. Die Eigentümer sind verpflichtet, nach Fertigstellung der neuen Zentralheizung ihre Wohnung innerhalb eines Jahres nach der Fertigstellung an diese anzuschließen.
Welche Aufgaben kommen auf Hausverwalter zu?
Die Autoren der Gesetzesreform sehen, dass WEG-Verwalter bei Gasetagenheizungen vor einer „sehr komplexen Herausforderung“ stehen. Der Verwalter habe die Aufgabe, ein Konzept für die Umsetzung dieser Verpflichtung zu erarbeiten und zur Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vorzulegen. Dazu bedürfe der Verwalter der erforderlichen Informationen, die sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum betreffen.
- Die Verwaltung muss binnen zwölf Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes – bis zum 31. Dezember 2024 – Informationen über die Heizungsanlagen im Gebäude bei dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger sowie (im Falle von Etagenheizungen) bei den Wohnungseigentümern anfordern. Auf diesen Wegen muss ein Verwalter Informationen über die Art der Anlagen, das Datum ihrer Inbetriebnahme und Angaben über ihre Funktionstüchtigkeit einholen.
- Wohnungseigentümer sind verpflichtet, die angeforderten Informationen innerhalb von sechs Monaten mitzuteilen.
- Der Verwalter wiederum hat die Ergebnisse der Eigentümerbefragung innerhalb von drei Monaten in einem allgemein verständlichen Bericht zusammenzufassen und den Eigentümern zur Verfügung zu stellen.
- Sobald der erste Wohnungseigentümer seine Gasetagenheizung ausgetauscht hat, muss die Verwaltung unverzüglich eine außerordentliche Eigentümerversammlung einberufen.
>> News Februar 2024: Heizungstausch und Förderung – wer hat jetzt was zu tun?
Welche staatlichen Förderungen sind vorgesehen?
Der Staat will die Wärmewende mit Milliarden Euro fördern. Geplant ist, dass unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 70 Prozent der Investition beim Kauf einer klimafreundlicheren Heizung übernommen werden. Einkommensunabhängig soll es für alle Immobilieneigentümer (gewerbliche und private) einen einheitlichen Fördersatz von 30 Prozent geben.
Für private Haushalte mit einem zu versteuernden Einkommen unter 40.000 Euro ist eine Förderung von zusätzlich 30 Prozent vorgesehen. Außerdem ist ein „Geschwindigkeitsbonus“ von 20 Prozent geplant, und zwar bis zum Jahr 2028. Ab 2028 soll der Bonus alle zwei Jahre um drei Prozentpunkte sinken. Insgesamt ist die Förderung bei maximal 70 Prozent gedeckelt.
Nach Angaben von Haus & Grund sollen selbstnutzende Wohnungseigentümer mehr Fördergelder beantragen können als vermietende Wohnungseigentümer. Vermieter sollen nur die 30-prozentige Grundförderung beantragen können, nicht aber die zusätzlichen Geschwindigkeits- und Einkommensboni.
Welchen finanziellen Anteil sollen Mieter tragen?
Vermieter können ihre Mieter an den Investitionen in die neue klimafreundliche Heizung beteiligen. Sie können eigens für diesen Zweck die von acht auf höchstens zehn Prozent leicht erhöhte Modernisierungsmieterhöhung nutzen, wenn gleichzeitig die staatliche Förderung in Anspruch genommen wird und die Fördersumme von den umlegbaren Kosten abgezogen wird. Allerdings: Die Erhöhung soll auf monatlich 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche begrenzt werden.
Die Kostenbeteiligung der Mieter soll auf sechs Jahre begrenzt werden, unabhängig davon, ob Vermieter die Kosten über die bisherige oder die neue Modernisierungsumlage auf Mieter umlegen. Außerdem sollen Härtefalleinwände beim Heizungstausch künftig immer möglich sein. Für Mieter, deren Miete durch die Modernisierung auf mehr als 30 Prozent des Haushaltseinkommens steigt, soll nur eine beschränkte Umlagefähigkeit gelten. Mieterhöhungen wegen Heizungsaustausch bei Indexmieten sollen ausgeschlossen sein.
Welche Forderungen erhebt der GdW?
Nach dem jetzigen Stand der Dinge sollen Wohnungsunternehmen lediglich die 30-prozentige Grundförderung erhalten. Von den zusätzlichen Klima- und Tempoboni, die Privathaushalte erwarten dürfen, wären gewerbliche Vermieter ausgeschlossen. Das hält der Hauptverband der Wohnungswirtschaft (GdW) für unzureichend.
Für Modernisierungen seien bei der Mietanpassung nun starre Kappungsgrenzen von 50 Cent pro Quadratmeter vorgesehen. Diese und die ebenfalls vorgesehene zusätzliche 10-Prozent-Modernisierungsumlage seien allein auf den Austausch des Heizungsgerätes beschränkt. Das führe dazu, dass Vermieter mit bezahlbaren Mieten nicht genügend Eigenkapital für die Finanzierung der aufwendigen Modernisierungsmaßnahmen zur Verfügung hätten. Dies betreffe besonders sozial orientierte Vermieter mit geringen Mieten. Die Kosten für den Einbau von Wärmepumpen und für die gleichzeitig notwendigen Zusatzmaßnahmen wie Dämmung seien für sie schlicht nicht finanzierbar.
Der GdW fordert unter anderem eine Förderquote von mindestens 50 Prozent. Zudem müsse sich die Förderung auf die Vollkosten der Investition beziehen. Dabei sei notwendig, dass der vorgesehene Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent auch für Wohnungsunternehmen vorgesehen wird. Der Speed-Bonus sollte bis 2030 in voller Höhe gewährt werden, sodass mit Abschluss der kommunalen Wärmeplanung 2028 noch eine Planungszeit berücksichtigt wird. Wohngebäude mit günstigen Mieten bis zu sieben Euro pro Quadratmeter müssten ebenfalls den 30-Prozent-Sozialbonus erhalten, damit aufgrund noch geringerer Investitionsmittel eine Finanzierung gewährleistet werden kann.
Fußnoten
Thomas Engelbrecht

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