Heizkostennachzahlung bringt viele Haushalte in finanzielle Schwierigkeiten
Aufgrund der schon im Abrechnungsjahr 2021 empfindlich gestiegenen Energiepreise fielen viele Nebenkostenabrechnungen höher als erwartet aus, meldet der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (vdw). Und auch im laufenden Jahr müsse vor allem für Heizung und Warmwasser mit weiteren Preissteigerungen gerechnet werden. Die Preissprünge am Gasmarkt lägen schon Anfang 2022 bei mehr als 80 Prozent, der Krieg in der Ukraine habe diese Entwicklung noch einmal massiv beschleunigt. Etwa 55 Prozent aller vdw-Wohnungen werden mit Gas beheizt.
Verbandsdirektorin Dr. Susanne Schmitt, äußert sich besorgt: „Bei unseren sozialorientierten Mitgliedsunternehmen wohnen zahlreiche Familien, Senioren, Alleinerziehende und Berufsanfänger, die Monat für Monat scharf kalkulieren müssen und auf bezahlbare Mietwohnungen angewiesen sind. Jetzt drohen mit der jährlichen Nebenkostenabrechnung Nachzahlungsforderungen, die viele von ihnen in wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen könnten.“
Die Wohnungswirtschaft werde alles daransetzen, so Susanne Schmitt, ihren Mietern nach Kräften zu helfen. Niemand sollte aufgrund der hohen Energiepreise seine Wohnung und sein Zuhause verlieren müssen.
Verbandsdirektorin erinnert Mieter an das Recht auf Wohngeld
Susanne Schmitt empfiehlt betroffenen Mietern, schnellstens zu prüfen, ob sie wohngeldberechtigt sind und demzufolge auch den Heizkostenzuschuss erhalten können, den die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat. Im Bedarfsfall sollten sich die Mieter an die örtliche Wohngeldstelle wenden.
Bei der Berechnung des Wohngelds werden verschiedene Faktoren berücksichtigt, z.B. die Größe des Haushalts, das monatliche Gesamteinkommen und die örtliche Mietenstufe. So kann ein Vier-Personen-Haushalt mit einem Bruttoeinkommen von 3.500 Euro pro Monat und einer zuschussfähigen Miete von 884 Euro (plus 25,80 Euro Heizkostenentlastung) in einer Stadt mit Mietenstufe 5 mit einem Wohngeld von 112 Euro rechnen.
Im Internet gibt es Wohngeld-Rechner
Detailliertere Auskunft geben sogenannte Wohngeldrechner im Internet. Ergibt sich aus dem Wohngeldrechner ein positives Ergebnis, sollte man sofort einen Wohngeldantrag stellen, damit keine Zeit verstreicht. Für Wohngeldberechtigte soll es im Sommer zudem einen pauschalen Zuschuss zu den Heizkosten geben. Im Gespräch sind 135 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt, 175 Euro für zwei Personen und jeweils 35 Euro für jede weitere Person im Haushalt.
Mieterbund hält Heizkostenzuschuss nicht für die Lösung des Problems
Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, hat den vom Bundeskabinett verabschiedeten einmaligen Heizkostenzuschuss so kommentiert: „Die Mietbelastung in deutschen Städten ist und bleibt zu hoch. Rund 26 Prozent der Haushalte in den 77 deutschen Großstädten zahlen schon heute mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für die Warmmiete. Fast 12 Prozent aller Mieterinnen und Mieter müssen sogar über 50 Prozent ihres Einkommens für die Wohnkosten entrichten. Einkommensarme Haushalte, die von Energiearmut bedroht sind, brauchen deshalb eine dauerhafte Entlastung.“
Messdienstleister prognostiziert Kostensteigerungen von bis zu 70 Prozent
Viele Haushalte müssen sich vermutlich auf hohe Nachzahlungen bei der Heizkostenabrechnung 2021 einstellen. Auswertungen des Energiedienstleisters Techem von Erdgas- und Heizölpreisen zeigen: Der Ölpreis sei im vergangenen Jahr um 52 Prozent gestiegen (Quelle: Statistisches Bundesamt). Hinzu komme, dass 2021 im Vergleich zum Vorjahr um rund 13 Prozent kälter gewesen sei. Durch den Preisanstieg, den witterungsbedingten Mehrverbrauch sowie vermehrtes Arbeiten im Home Office könnten die Raumheizkosten in ölversorgten Liegenschaften im Bundesdurchschnitt um satte 72 Prozent steigen. Die Erhöhung des Gaspreises um durchschnittlich 4,2 Prozent (Quelle: Statistisches Bundesamt) fielen für den gleichen Zeitraum zwar moderater aus, laut Techem sei allerdings auch in gasversorgten Liegenschaften mit einem Anstieg der Raumheizkosten um rund 18 Prozent und daher mit Nachzahlungen zu rechnen. (Red.)
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Die steigenden Energiepreise belasten geringe Einkommen stark
In Folge der russischen Invasion der Ukraine steigen die Energiekosten in Deutschland spürbar an. Die somit entstandenen Mehrkosten für Energie treffen zwar alle Deutschen, Haushalte mit geringem Einkommen werden einer Kurzstudie der RWTH Aachen allerdings überproportional belastet.
Die Studie untersucht die Folgen für Haushalte mit unterschiedlichen Einkommenssituationen. Wie die Statista-Grafik auf Basis der Ergebnisse zeigt, geben die einkommensschwächsten Haushalte im untersten Zehntel durchschnittlich etwa 13,3 Prozent ihres Einkommens für Strom, Heizung und Kraftstoffe aus. Im Vergleich zum Januar 2020 ist dieser Anteil um rund 3,2 Prozentpunkte gewachsen. In absoluten Zahlen belaufen sich die Mehrausgaben auf etwa 492 Euro im Jahr.
Den Studienergebnissen des Lehrstuhls zufolge könnte durch die zusätzliche finanzielle Belastung etwa 600.000 Haushalte in Deutschland unter die Armutsgefährdungsschwelle fallen.
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