Sind die urbanen Lagen stärker gefragt oder die Adressen in den Speckgürteln der Städte oder auf dem Dorf? Wohin geht der Trend, wie wünschen sich die Menschen ihr direktes Umfeld und was ist Bewohnern in Sachen Nachhaltigkeit wichtig? Diesen Fragen geht die Quartierstudie von DC Developments nach.
Grün soll es sein
Für 58,5 Prozent der Befragten gehört zu einem perfekten Wohnquartier vor allem Natur mit Wald oder einem Park. Darüber hinaus sollen in einem idealen Viertel Läden zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu erreichen sein (54 Prozent). Wichtig sind weiter Gastronomie (42,3 Prozent), Kitas und Schulen in der Nähe (26,2 Prozent) sowie gemeinschaftliche Orte (24,1 Prozent).
Mobilität – insbesondere das Angebot an Carsharing-Angeboten und Parkplätzen – spielt für 18,1 Prozent eine Rolle. Für 15,3 Pro-zent sind kulturelle Angebote wichtig, in ländlichen Regionen liegt der Wunsch bei teilweise über 30 Prozent.
Ebenfalls wichtige Erkenntnisse für Entwickler liefert die Frage nach den fünf Mindestanforderungen an einen nachhaltigen Wohnort. Hier stehen große Grünflächen mit 63 Prozent an der Spitze. Müllvermeidung und -trennung sind für 59,8 Prozent unerlässlich. Es folgt mit 56,7 Prozent der Einsatz erneuerbarer Energien. Umweltfreundliche Mobilitätskonzepte sind für 45,2 Prozent wichtig.
27,2 Prozent der Befragten setzen auf CO2-reduzierte oder -neutrale Gebäude, 23,3 Prozent auf CO2-neutrale Baustoffe und 9,3 Prozent auf Smart-Home-Konzepte. In der Fläche sind die Ansprüche der Städter an nachhaltige Bauten und Baustoffe höher als bei Dorfbewohnern, Frauen sind Grünflächen wichtiger (67,5 Prozent) als Männern (58,7 Prozent) und das Klischee wird bestätigt: Junge Männer wollen gerne Smart-Home-Lösungen.
Verzicht auf das Auto
Wo ist es für die Befragten am schwierigsten, umweltfreundlich zu handeln? Hier steht die Mobilität im Alltag an erster Stelle. 43,4 Prozent, also fast jeder Zweite, tun sich schwer beim Verzicht auf das Auto. Beim Reisen sind es 27,5 Prozent, beim Energieverbrauch 26 Prozent, beim Kauf von Lebensmitteln 19,9 Prozent, beim Kauf von Kleidung 17,4 Prozent.
Während die über 65-Jährigen eher bei Lebensmitteln und Kleidung Verzicht üben wollen (17,7 und 12,7 Prozent finden es schwierig, die Umwelt im Blick zu haben), sinkt bei den über 30-Jährigen insgesamt die Bereitschaft zum Verzicht im Hinblick auf die Mobilität. 35,8 Prozent der 18-bis 29-Jährigen möchten beim Reisen nicht an umweltbewusstes Handeln denken müssen.
Beim Thema, welche Freizeitangebote am Wohnort fehlen, zeigen die Umfrageergebnisse, dass viele Menschen zufrieden sind – nämlich 38,7 Prozent. 28,6 Prozent hätten gern mehr gastronomische Angebote, 23,1 Prozent vermissen Kultur, 17,1 Prozent Sportanlagen vom Schwimmbad bis zum Sport-tudio, 15,3 Prozent Wellnessangebote wie Sauna, 13,3 Prozent Spazier- und Wanderwege, 9,9 Prozent Kursangebote von Tanzen bis Yoga und 7,2 Prozent Spielplätze.
Unterschieden nach Altersgruppen ist der Wunsch nach Sportanlagen bei den unter 30-Jährigen mit 26,6 Prozent größer als bei den über 65-Jährigen (12,3 Prozent). Wobei für alle Freizeitangebote die Erwartungen mit zunehmendem Alter bei den Befragten nachließen. Die Unterschiede: Auf dem Dorf wünscht man sich mehr Angebote (in der Stadt sagen 45 Prozent, dass ihnen nichts fehle, auf dem Dorf nur 31,3 Prozent). Die Jungen und diejenigen, deren Kinder schon aus dem Haus sind, sehnen sich nach mehr Gastronomie und Kultur. Familien wünschen sich mehr Sport- und Kursangebote und im Osten des Landes ist der Wunsch nach mehr Gastronomie größer als im Westen.
Fazit:
Die Erwartungen sind hoch: Die Menschen wünschen sich das Beste aus beiden Welten. Auf dem Dorf – eine gute Verkehrsanbindung und eine lebendige Umgebung, in der Stadt Ruhe, eine intakte Umwelt und freundliche Sozialkontakte.
„Neue Quartiere sollten das abbilden, was immer mehr Städter wollen, nämlich kleine Systeme, die alles bieten, in sich wie ein Kreislauf funktionieren: die Läden um die Ecke, das Restaurant, die Natur, der Kindergarten und der Arbeitsplatz fußläufig erreichbar. Genau das, was früher für das Dorf stand.
Das neue Quartier hat zu je 50 Prozent die DNA von Stadt und Dorf. Urbanität – das war früher eine hohe Bevölkerungsdichte. Heute ist es die Vielfalt an Kultur, Bildung, Arbeit und Wohnen. All das, was Dörfler sich genauso wünschen“, sagt Lothar Schubert, Geschäftsführer DC Developments.
Quartiersentwicklungen können den Rahmen für soziale Kontakte bzw. Vernetzung schaffen. Ausfüllen müssen ihn die Bewohner selbst. Die Realisierung der funktionierenden Gemeinschaft erfordert auch die Rückbesinnung auf (zum Teil idealisierte) dörfliche Tugenden wie friedliche Nachbarschaft, Gemeinsamkeit und Rücksichtnahme.
„Bestehende Quartiere können mittels der Studie Anhaltspunkte für eine Weiterentwicklung und dadurch eine Verstetigung der Nachhaltigkeit erhalten“, erklärt Schubert weiter.
Quelle: DC Developments
SERIE IN DER IVV: Nachhaltig bauen ist längst möglich
Der Hochbau verantwortet weltweit 40 Prozent aller CO2-Emissionen und 50 Prozent des gesamten Müllaufkommens. Die Alternativen sind organische und standortnahe Baustoffe wie Holz oder Lehm, geschlossene Kreisläufe für mineralische, metallische oder kunststoffhaltige Materialien sowie neue Verfahren wie Leichtbau und hybride Bauweisen. Weil viele Bauherren und Architekten diese Verfahren aber noch nicht kennen bzw. ihnen nicht vertrauen, beleuchten wir sie in einer Serie, um ihnen möglichst rasch zum Durchbruch zu verhelfen.
Teil 1: Nachhaltigkeit bei den Projekten der IBA’27 in Stuttgart: Geografin Stefanie Kerlein verantwortet im Stuttgarter IBA’27-Team Kreislaufwirtschaft und Teilhabe. Kerlein sagt: „Wir haben kein Wissens-, sondern ein Umsetzungsdefizit.“ (aus IVV 03/22)
Teil 2: Holz ist als nachwachsender Rohstoff im Hausbau seit Jahrtausenden bewährt. Mittlerweile werden weltweit Gebäude bis 100 Meter Höhe mit 30 Etagen damit gebaut, weil sie auch Brandschutz und Statik berücksichtigen. Balken, Bretter und verleimtes Brettschichtholz binden zudem CO2 und können nach 100 Jahren oft nochmals wiederverwendet werden. (aus IVV 04/22)
Teil 3: Lehm ist als organischer Baustoff weltweit vielerorts verfügbar und dient vor allem in armen Ländern zum Bau von Hütten. Hierzulande machte die neue Alnatura-Zentrale in Darmstadt mit der europaweit größten Stampflehmfassade 2019 den „Arme-Leute-Baustoff“ populär. Lehm reguliert sehr gut Hitze, Kälte und dämmt den Schall, weshalb ihn immer mehr Architekten entdecken. (aus IVV 05/22)
Teil 4: Bauen mit Hanf, Bambus, Stroh, Schilfrohr, Weide, Rattan oder Rinde sind teils binnen eines Jahres erntereif und binden CO2. In armen Ländern wird schon immer damit gebaut. In Frankreich sind so mittlerweile 6000 Gebäude entstanden, bundesweit immerhin 450. Laut Fachverband Strohballenbau verteuert Strohdämmung ein Gebäude um zwei bis acht Prozent, spart aber immense Heizkosten. (aus IVV 06/2022)
Teil 5: Leichtbauweise kann den Materialverbrauch massiv senken. An der Uni Stuttgart nehmen sich Architekturforscher Kakteen zum Vorbild, deren innere, netzartige Holzfaserkonstruktion die Pflanzen stabil und belastbar macht. Werner Sobek steht für solche bionischen Verfahren bei Beton. Auch Hybrid-Bauweisen, z.B. Holz-Beton, sparen tonnenweise Material. (aus IVV 07-08/2022)
Teil 6: R-Beton, recycelter Bauschutt, steht stellvertretend für geschlossene Kreisläufe im Hochbau, bei denen Materialien immer wieder zum Einsatz kommen, wenn nach 50 oder 100 Jahren deren Lebenszyklus in einem Gebäude endet. Dazu zählt auch der aufkommende Handel mit gebrauchten Materialien, Stichwort Madaster, auf Online-Plattformen. (aus IVV 09/2022).
Teil 7: Dämmen mit Biomasse, Lederresten oder zu Popcorn erhitztem Mais sind ein weiteres Thema, das wir in dieser Serie darstellen können. Weil derzeit aber dermaßen viele neue Verfahren serienreif werden, sich gesetzliche Rahmenbedingungen ändern und wir eventuell Anregungen für diese Serie bekommen, wollen wir den weiteren Teil vorerst offenlassen. (aus Ausgabe 10/2022)
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